21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Eric Coates

Eric Coates
Eric Coates

Leichte Musik hat es zu Silvester und Neujahr nicht schwer. Was sonst nur selten im Konzertsaal zu hören ist und dann oftmals mit einem gewissen Snobismus abgetan wird, feiert dieser Tage alljährlich fröhliche Urständ. Doch gleich, ob das an einer sekttrunkenen Ausgelassenheit oder der Frische einer noch unbeschriebenen Jahreszahl liegt: Kurzweilige Ouvertüren, schmissige Walzer oder einfach nur gute unterhaltende Musik hätten auch zu anderen Zeiten etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. So aber wird zu Vieles im obligatorischen Neujahrskonzert fürs restliche Jahr flugs abgefeiert.

Vergessen wird dabei, dass etwa die Strauß-Dynastie ihr gesamtes Œuvre «übers Jahr» schuf – und eben nicht nur zum Jahreswechsel oder fürs Promenadenkonzert. Ein entspannteres Verhältnis zur vermeintlich «leichten» Muse scheint es bis heute in England zu geben; dort jedenfalls firmiert ein im 20. Jahrhundert geschaffener Werkbestand unter dem gar nicht abwertend gemeinten Begriff der «Light Music». Zu den Meistern dieses Bereichs zählt Eric Coates (1886–1957), der das Komponieren auch von der pragmatischen Seite anging, nachdem er 1919 aus dem Orchester der Queen’s Hall entlassen worden war – er hatte sich bei Proben vertreten lassen. Noch im 21. Jahrhundert gehören viele seiner Melodien zum Inventar der BBC. Coates verstand es einfach, bei allem Können als Orchestrator den Zauber der englischen Musik etwas lockerer aufzufassen und damit ein sehr breites Publikum zu erreichen. Das Album macht jedenfalls große Lust auf weitere Folgen und Entdeckungen. By the way: Die sehr beliebte Miniature Overture sollte ursprünglich den Titel A New Year’s Overture tragen, wurde aber nicht rechtzeitig fertig – und brachte dem Komponisten mit der neuen, ganzjährigen Bezeichnung dann auch weitaus mehr Tantiemen ein…

Eric Coates. Orchestral Works Vol. 1
The Merrymakers. A Miniature Overture (1922/23); The Jester at the Wedding. Suite (1932); Dancing Nights (1931); Ballade op. 2; Two Symphonic Rhapsodies on Popular Songs (1933); By the Sleepy Lagoon. Valse-Serenade (1930); London. Suite (1932)
BBC Philharmonic Orchestra, John Wilson

Chandos CHAM 20036 (2018)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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