18. Januar 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Franck 200 / Lviv National PO

Franck 200 / Lviv National PO
Franck 200 / Lviv National PO
Nahezu unbemerkt steht der 200. Geburtstag von César Franck (1822–1890) in den kommenden Tagen an. Im deutschsprachigen Musikleben wird er wohl eher unspektakulär vorüber gehen. Doch auch in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist mir Francks sinfonische Musik kaum einmal live im Konzertsaal begegnet, die bekannte Sinfonie d-Moll (seine einzige) und die auf einer Bürger-Ballade beruhende sinfonische Dichtung Le Chasseur maudit ausgenommen – eine jener Kompositionen, die nach 1871 in Frankreich die eigenständige Orchestermusik wieder belebten und in manchen Gesten an Berlioz erinnert.

Kombiniert mit drei weiteren sinfonischen Dichtungen und den Variations Symphoniques ist so ein durchaus ordentliches Album entstanden, das überraschenderweise wie eine «Entdeckungsreise» anmutet – so selten werden neue Einspielungen dieses wirklich wichtigen und großformatigen Repertoires vorgelegt. Umso mehr überrascht die im Vorfeld des Jubeljahres entstandene Aufnahme mit ihrer etwas ungewöhnlichen internationalen Zusammenarbeit: nämlich mit je einem argentinischen Dirigenten und Pianisten, gemeinsam mit dem Orchester aus dem ukrainischen Lviv (Lemberg). Aufgenommen wurden die Werke im November 2021, als die Welt noch eine andere war. Auch wenn bei der Produktion deutlich die Grenzen der technischen und interpretatorischen Spielräume zu hören sind und selbst der Solopart der Variations nicht wirklich zwingend wirkt, so ist doch ein Orchester zu hören, das sich zum damaligen Zeitpunkt im Aufbruch befand. Das Album hat somit – anders als ursprünglich gedacht – auch einen dokumentarischen Charakter bekommen.

César Franck. Les Éolides op. 26; Les Djinns für Klavier und Orchester op. 45; Rédemption; Variations Symphoniques für Klavier und Orchester; Le Chasseur maudit
Fabio Banegas (Klavier), Lviv National Philharmonic Orchestra of Ukraine, Francisco Varela

Guild GMCD 7830 (2021)

HörBarFranck 200 / Eliot Quartett >>

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #071 – César Franck 200