Dass es auch bei einem nur sehr kleinen Werkbestand so etwas wie eine natür-liche Standardbesetzung gibt, zeigen die 1959 entstandenen Partituren von Nino Rota und Bohuslav Martinů, die (bewusst oder unbewusst) auf Louis Spohrs No-nett op. 31 (1813) zurückgehen, der bereits das Bläserquintett mit einem Quartett aus Streichern kombinierte (mit Kontrabass statt einer zweiten Violine). Bei Nino Rota kann die fünfsätzig angelegte Komposition auch vom Tonfall her ihre gefühlte Nähe zur heiter unterhaltenden Serenade nicht verbergen (und man wird wahrlich glänzend unterhalten). Martinů hingegen schrieb «ernster», legte die Faktur kompakter an und führte auf diese Weise die Besetzung fast aus dem Bereich der Kammermusik heraus – eine sehr gelungene Gratwanderung am Ende eines Lebenswegs, dessen letzter Ton noch lange nicht verklungen war. Und Eislers Nonett Nr. 2? 1941 in Mexiko entstanden, wirkt es keinesfalls zu leicht, sprengt aber auch den kammermusikalischen Rahmen (drei Violinen, Kontrabass, Flöte, Klarinette, Fagott, Trompete, Schlagwerk). Wer die alte LP vom Label «Nova» aus der DDR im Plattenschrank stehen hat, wird sich zudem Augen und Ohren reiben: Das Werk mit seinen neun Sätzen nimmt in der Interpretation vom Ensemble Oxalys eine ganz andere, neue Färbung an, es verliert etwas von der politischen Kraft, die man ihm einst mit einem spezifischen Ton gegeben hat. So eröffnen sich ganz andere Eisler-Welten.
Nino Rota. Nonetto (1959/74); Hanns Eisler. Nonett Nr. 2 (1941); Bohuslav Martinů. Nonett Nr. 2 H 374 (1959)
Oxalys
passacaille PAS 1103 (2020)