25. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Kuhlau / Malling

Kuhlau / Malling
Kuhlau / Malling
Obwohl bereits einzelne Werke im ausgehenden 18. Jahrhundert entstanden (es sei nicht nur an die beiden singulären Werke von Wolfgang Amadeus Mozart erinnert, sondern auch an solche aus Mannheim oder beim frühen Beethoven), erlebte das Klavierquartett erst im weiteren 19. Jahrhundert seinen Durchbruch als Besetzung – wenn nicht gar satztechnisch als Gattung. Die Kombination von Klavier und Streichtrio geht mit der Viola klanglich zwar weit über die klare Konstellation eines Klaviertrios hinaus und erreicht (auf der anderen Seite) doch noch lange nicht den aus der Kammermusik heraustretenden sinfonischen Sound eines Klavierquintetts, bei dem sich Tasteninstrument und Streichquartett in der Faktur wechselseitig verdichten. Kein Wunder also, dass es an wirklich festen Ensembles mangelt und oft genug dann doch eine Bratsche zu einem Trio hinzugezogen werden muss. Anders beim Copenhagen Piano Quartet, dass bereits 2012/13 vielfach preisgekrönt wurde, sich in wenigen Jahren hörbar entwickelte – und um das es nach einer doppelten Besetzungsänderung im Jahre 2018 still geworden ist.

Das vorliegende Album stammt freilich noch aus der «guten alten Zeit», 2015/16 aufgenommen und bereits 2019 erschienen. Es bildet mit dem vorausgehenden (ebenfalls beim dänischen Label dacapo) quasi eine programmatische Einheit: Den ersten beiden Klavierquartetten von Friedrich Kuhlau (aus den Jahren 1820/21) folgt hier nun am spürbaren Beginn einer neuen Epoche die gewichtige Nr. 3 in g-Moll. Auch wenn im Booklet darüber spekuliert wird, ob das Werk nicht viel früher als 1829 entstanden sein könnte, so wäre eher eine Zeitverschiebung in Richtung Norden zu berücksichtigen. Aber eigentlich ist es ganz anders zu sehen: Das Werk klingt in manchen Harmonien und Ausdruckssphären sehr aktuell, es nimmt sogar um mehr als ein Jahrzehnt den satten, griffigen Anfang eines viel späteren Septetts von Alexander Fesca vorweg. Dass Kuhlau (1786–1832) wie so viele andere Komponisten jener Zeit seinen eigenen Weg zwischen Klassik und Romantik suchte, macht das Werk mit seinen bisweilen klassizistischen Gesten, den obligaten Passagen und streng geführten Fugati sowie den mal schwelgerischen, mal dunkel abgetönten Passagen besonders reizvoll. Es wird ergänzt durch das Klavierquartett c-Moll op. 80 (1903) von Otto Malling (1848–1915), der am Ende seines Lebens als bedeutendster Komponist Dänemarks galt, dann jedoch rasch im Schatten der Musikgeschichte verschwand. Tatsächlich mutet dieses späte Werk verspätet an – und dennoch ist es ein prächtiger Beitrag zum Repertoire, denn hier werden Instrumente und Ensemble in ständig wechselnden Kombinationen wunderbar in Szene gesetzt. – Das Copenhagen Piano Quartet blühte bei der Produktion beider Werke geradezu auf. Ein wahrer Hörgenuss, zumal der bei anderen Einspielungen akustisch oftmals nach vorne geschoben (moderne) Flügel hier vorzüglich eingebettet wurde.

Friedrich Kuhlau. Klavierquartett Nr. 3 g-Moll op. 108; Otto Malling. Klavierquartett c-Moll op. 80
Copenhagen Piano Quartet

dacapo 6.220591 (2015/16)

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