Die aktuell schwierigen Zeiten machen auch manches möglich. Denn statt einer größeren Opernproduktion musste man sich im Dezember 2020 in München auf eine Partitur verständigen, die «konform» sowohl über die Bühne wie auch durch den Graben gehen konnte. Die gut getroffene Wahl fiel auf Passionnément von André Messager (1853–1929), der nicht nur als Komponist und Dirigent hervortrat (er leitete u.a. die Uraufführung von Claude Debussys Pelléas et Mélisande, 1902), sondern auch für ein paar Jahre in London dem Royal Opera House Covent Garden vorstand und danach als Vizedirektor an der Pariser Opéra wirkte. Bei Passionnément ist bereits im Original die Orchesterbesetzung recht überschaubar, so dass auf keines der reduzierenden Arrangements zurückgegriffen werden muss, die gerade Konjunktur haben. Denn die Operette (1926) war für das nur 800 Plätze fassende, nur wenige Wochen vor der Premiere neu eröffnete Théâtre de la Michodière konzipiert und kommt ganz ohne Chor aus.
Leidenschaftlich, wie es der Titel angibt, geht es tatsächlich zu und zum Glück mit einem vielfachen Happy End, bei dem die Partner sich neu finden beziehungsweise getauscht werden inklusive Scheidungsabsichten – ein beliebtes Bühnenthema der 1920er Jahre. Auch sonst finden sich modische und mondäne Topoi wie ein amerikanischer Tycoon mit Yacht und Kapitän, ein eleganter Salon, der Kampf um Land und Öl sowie geschäftliche Verhandlungen. Diesbezüglich darf man vor Éric Huchet (als Mr. Stevenson) den Hut ziehen, der seinen Part durchgehend mit dem entsprechenden Akzent versieht. Auch sonst handelt es sich um eine hochkarätige Produktion eines vorzüglich komponierten Werks, in dem freilich Couplets und Walzer deutlich überwiegen und man nur zufällig über Ragtime-Anklänge stolpert. Messager musste sich hier nicht stilistisch anbiedern: Er verstand es auf noch immer bezaubernde Weise, die musikalischen Errungenschaften der vorausgegangenen Jahrzehnte leicht zu fassen. Durch Stefan Blunier und das Münchner Rundfunkorchester hat das Stück jedenfalls eine kongeniale Umsetzung erfahren. Mit so viel Präzision im Detail lässt sich dann auch bewusst gestalten, die reich schattierte Farbpalette wird geradezu ausgekostet. Auf der CD finden sich die 77 Minuten Spielzeit umfassenden Nummern, im Begleitbuch die Dialoge synoptisch auf Französisch / Englisch abgedruckt. Wie immer beim Label Bru Zane ist das Buch (nicht Booklet!) ohnehin wieder eine Klasse für sich.
André Messager. Passionnément (1926)
Véronique Gens (Sopran), Étienne Dupuis (Bariton), Nicole Car (Sopran), Éric Huchet (Tenor), Chantal Santon Jeffery (Sopran), Armando Noguera (Bariton), Münchner Rundfunkorchester, Stefan Blunier
Bru Zane BZ 1044 (2020)