Das Programm dieser CD ist alles andere als spektakulär. Denn wer angesichts der kammermusikalischen Version von Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 vielleicht an eine zeitgenössische Bearbeitung dachte, wird enttäuscht sein, dass diese aus dem Jahr 1881 stammt – als Teil einer ganzen Serie, mit der der in Stuttgart wirkende Klavierpädagoge Sigmund Lebert seinen Eleven «klassisches» Repertoire aufführungspraktisch näher bringen wollte. Welche Motivation heute hinter einer Gesamteinspielung dieser für die Unterrichtspraxis angefertigten Version steckt, bliebt offen; eher habe ich den Eindruck gewonnen, die Einspielung würde das umfangreiche Vorwort der Druckausgabe (vgl. dazu auch IMSLP) klanglich illustrieren; die Bearbeitung selbst stammt von Vinzenz Lachner, der in seinen letzten Jahren in Karlsruhe wirkte.
Doch auch musikalisch vermag die Produktion nicht gänzlich zu überzeugen. Da wirkt vieles zu sehr «al fresco», zu kantig, zu wenig kantabel. Interpretatorisch wie akustisch bleibt unklar, ob es sich nun um ein reduziertes Konzert handeln soll (so die Lesart der Solistin) oder um konzertante Kammermusik (so doch eher die musikalische Lesart). Auch fehlt mir im Spiel von Hanna Shybayeva die unmittelbare interpretatorische Freiheit. Hier wie auch in der rumpelnden Klaviertrio-Bearbeitung der Sinfonie Nr. 2 D-Dur stellt sich der Eindruck ein, man wolle mit den Mitteln der begrenzten Besetzung quasiorchestral auffahren – ein grundsätzliches Missverständnis, dem auch Carsten Dürer im Booklet erliegt, zumal Beethoven seine Transkription der Struktur nach kammermusikalisch anlegte; man denke nur an seine Streichquartett-Fassung der Klaviersonate op. 14/1.
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur op. 15 arrangiert für Klavier und Streichquintett von Vinzenz Lachner, Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36 arrangiert für Klaviertrio
Hanna Shybayeva (Klavier), Animato String Quartet, Bas Vliegenthart (Kontrabass)Naxos 8.551431 (2020)