Suppe. Es suppt. Musikalisches Gemüse, mal köchelt es, dann kocht es, mal schnurgelt es, dann zieht es durch an den vielen Gewürz-Zutaten. Das Michael Leonhart Orchestra vereint unter sich viele bekannte Musiker*innen. Statt Orchestra wäre wohl die Bezeichnung eines Big Ensembles passender. Denn immer wieder schälen sich kleinere Ensembles zu eigenen musikalische Entitäten zusammen.
Eine Jazziversum mit soliden charakteristischen Planeten in den Umlaufbahnen. Und ja. Eine Suppe kann auch so ein Universum sein. Ornette Colemans „Lonely Woman“ wird da eingebettet in „Big Bottom“ – das ist schon schräg, aber es geht …
Wie beim NuH[u]ssel Orchestra treffen hier wirklich viele musizierende aufeinanander, so um die 20 bis 25! Doch bleibt in den Tracks die Faktur immer sehr durchsichtig, immer filigran, selbst in den fettesten Sätzen. Eher brodelt es ursüpplich wie in der „Jazz Odyssey“ [Track 6] als in dem rockigen „Built for comfort“ [Track 5] oder im musikkriminalistisch geführten „Shimmy Shimmy Ya / Glaciers Of Ice“ [Track 10] – ups! Sorry. Yeah! Das meiste ist eher unter Bass-Last arrangiert, was die Angelegenheit im nämlichen Sinne profund macht. Es herrschen dabei klanglich krauchend initiierte Klangsituationen vor als Strudeleffekte, die im Funk-Stil mitreißen – außer vielleicht bei der letzten Nummer „Quiet Man is Dead Man / Opposite People“ – ein flinker Flunkerfunk.
Diese Distanz tut gut und staffelt die Musik in verschiedenen Ebenen. Dadurch wird ästhetische Tiefe erzeugt. Es braucht schon Konzentration und Kontemplation, will man aus dieser Universalsuppe sich eine eigene Wahrnehmungswelt kredenzen. Aber es macht Vergnügen, denn so wird man selbst Teil des Gesamtwerks der Sinne. Guten Appetit. Ich werde ganz gewiss niemandem hier die Suppe jetzt versalzen. Heiß und laut essen!
Michael Leonhart Orchestra: Suite Extracts Vol. 1 [2019]
Sunnyside Records (Broken Silence)