24. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Abrahamsen, Pesson, Strasnoy: Piano Concertos – Alexandre Tharaud

Abrahamsen, Pesso, Strasnoy: Piano Concertos – Alexandre Tharaud
Abrahamsen, Pesso, Strasnoy: Piano Concertos – Alexandre Tharaud

Was für eine spannende Produktion! Alexandre Tharaud zeigt sich nicht nur als versierter, sondern auch als höchst inspirierter Interpret von zeitgenössischer Musik. Zudem hat das Label Erato so viel Vertrauen in die Zugkraft des Pianisten, dass es diese CD mit Live-Mitschnitten überhaupt herausgebracht hat: drei Werke von drei Komponisten, drei Orchester mit drei Dirigenten – ein Pianist. Doch sollte das Album nicht als bloße Dokumentation verstanden werden oder gar als weiterer Beleg für die künstlerische Breite und Potenz von Tharaud. Die Partituren belegen vielmehr, welche Perspektiven die Gattung „Konzert“ wie auch das „Konzertieren“ als satztechnisches Prinzip noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu bieten hat.

Hans Abrahamsen etwa erweitert das Repertoire „für die linke Hand“ um die zweiteilige Komposition Left, alone (2015), bei der sechs deutlich voneinander abgesetzte Abschnitte kontrastierend gegeneinander stehen – nachdenklich in dunklen Haltepunkten suchend, dann wie im Sommerregen staunend stehend oder auch als bedrohlich flirrender Wespenschwarm.

Bei Gérard Pesson und seinem Future is a faded song (2012) eröffnet das Klavier mit Impulsen und Gesten eher Räume, in denen das Orchester als Resonator fungiert, bis am Ende der Tastaturdeckel zugeschlagen und das Instrument im Angedenken an Mauricio Kagel zur „Totentrommel“ wird.

Einen ganz anderen Aspekt akzentuiert Oscar Strasnoy in seiner Kuleshov (2017) überschriebenen Partitur, die auf den so genannten Kuleshov-Effekt aus der Filmtheorie verweist, den der Komponist selbst mit der Form des Rondos in Verbindung bringt – hier spielerisch verwirklicht mit smarten, vielfach wie improvisiert anmutenden Jazz-Anklängen.


Hans Abrahamsen. Left, alone (2015); Gérard Pesson. Future is a faded song (2012); Oscar Strasnoy. Kuleshov (2017)
Alexandre Tharaud (Klavier), Rotterdam Philharmonic Orchestra, Yannick Nézet-Séguin, Frankfurt Radio Symphony, Tito Ceccherini, Les Violons du Roy, Mathieu Lussier

Erato 0190295323073 (2012, 2015, 2017)

 

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