Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand geglaubt, dass es einmal ein Beethoven-Jahr geben könnte, in dem eine ganze CD-Reihe explizit nicht dem Titanen gewidmet wird, sondern seinen Zeitgenossen. 2020 ist aber alles anders. Und während die einen ihre gut bestückten Archive in Boxenform veröffentlichen, produziert beispielsweise Sony mit „Beethoven’s World“ eine Serie, bei der wohl jede Folge das Herz höher schlagen lassen wird. Eingespielt wurden dafür Werke, die mit Beethoven zwar etwas zu tun haben, nicht aber seinen Namen tragen.
So sind es hier zwei Violinkonzerte von Franz Joseph Clement (1780–1842) – jenem Geigenvirtuosen, der durch die Uraufführung von Beethovens op. 61 am 23. Dezember 1806 in die Musikgeschichte eingegangen ist, der aber in derselben Akademie auch „eine Sonate auf einer einzigen Saite mit umgekehrter Violin“ spielte (so der damalige Anschlagzettel). Dass mit Clement und seinem eigenen ersten Violinkonzert vielleicht erst Beethovens Meisterwerk möglich wurde – man konnte bisher davon lesen, nun aber auch hören. Natürlich sind es keine simplen Zitate, sondern allenfalls Wendungen, derer man gewahr werden kann. Und dann wäre da noch der Umfang mit einem viertelstündigen Kopfsatz und einer Gesamtspielzeit von annähernd 40 Minuten. Mirijam Contzen hat sich der solistischen Aufgabe mit Bravour angenommen und wird damit hoffentlich zukünftig auch live zu erleben sein – wenn es denn die Repertoirepuristen zulassen.
Dass das WDR Sinfonieorchester von Reinhard Goebel geleitet wird – auch darüber hätte man vor einigen Jahrzehnten nur ungläubiges Kopfschütteln geerntet.
Franz Joseph Clement. Violin Concertos Nos. 1–2
Mirijam Contzen (Violine), WDR Sinfonieorchester, Reinhard Goebel
Sony 19075929632 (2018/19)
- Beethoven: Piano Concertos – Brautigam (Fortepiano) / Kölner Akademie / Willens
- Kaleidoscope. Beethoven Transcriptions – Mai Kodama (Klavier)
- Franz Joseph Clement: Violinkonzerte – Contzen / WDR Sinfonieorchester / Goebel
- Beethoven: Sinfonie Nr. 6 / Knecht: Le Portrait musical de la nature – Akademie für Alte Musik Berlin / Forck
- Symphonies de Salon: Reicha & Beethoven – Le Concert de la Loge
- Uri Caine: Diabelli Variations after Ludwig van Beethoven