11. August 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Bononcini – Kantaten

Bononcini – Kantaten
Bononcini – Kantaten
Einst gefeiert, ist Giovanni Battista Bononcini (1670–1747) heute nur noch wenigen bekannt, ebenso wie seine Musik. Das ist bedauerlich, denn er galt in London als einer der stärksten Konkurrenten von Georg Friedrich Händel. London? Tatsächlich liest sich seine Biografie allein anhand der Eckdaten aufregend: Bologna, Rom, dann Wien und schließlich die britische Metropole. 1731 stolperte er über ein älteres Plagiat (abseits der gängigen Opern-Pasticcios). Bononcini ging nach Lissabon, verlor viel Geld bei Spekulationen und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Wien.

Neben Opern und Sonaten sind mehr als 270 Kantaten überliefert, die Bononcini komponiert haben soll, darunter auch die sechs Werke in der Besetzung für Sopran, zwei Violinen und Continuo, die hier erstmals eingespielt wurden. Sie haben sich in einem mehrbändigen Konvolut in der Bibliothek des Klosters Montecassino erhalten – ohne einen Hinweis auf die Entstehungszeit, den Auftraggeber oder eine erste Aufführung. Es ist dem Ensemble L’armonia delle Cetre und Emma Alessi Innocenti hoch anzurechnen, dass sie sich nicht auf wenige Highlights verständigt haben, sondern gerade diese vollkommen unbekannten Werke eingespielt haben. Allerdings sind gewichtige Einwände gegenüber der Tontechnik zu erheben: Zwar wurde das Ensemble in der weitläufigen Akustik eines Kirchraums passabel eingefangen – die Solistin jedoch in den Hintergrund gerückt und verloren. Ganz so, wie die Figur auf dem Cover in eine andere Richtung schaut. Schade.

Giovanni Battista Bononcini. Amor fiero
Six Cantatas with Violins from the Abbey of Montecassino
«Corre dal monte al prato»; «Ecco, Dorinda, il giorno»; «Misero, e che far deggio»; «Pastor, come diverso»; «Poiché Fille superba»; «Vago augelletto»
Emma Alessi Innocenti (Sopran), L’armonia delle Cetre

Nova Antiqua NAA3 (2023)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #162 – kurz & knapp (Barock)