12. April 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Schumann & Co. / Sebastian Manz

Schumann & Co. / Sebastian Manz
Schumann & Co. / Sebastian Manz
Obwohl das Album auf den ersten Blick vor allem (aber nicht nur) gängige Werke des Repertoires versammelt, überrascht Sebastian Manz im Booklet mit eigenen Überlegungen zur Konzeption. Etwas, was man sich als Hörer eigentlich immer wünscht und doch nur selten bekommt. Etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, und doch (aus welchen nah- oder fernliegenden Gründen auch immer) oft genug verschwiegen wird. Interessanterweise geht der Solist nicht von den Kompositionen an, sondern nennt drei andere Kategorien: Raum und Zeit für die interpretatorische Arbeit, groß angelegte Takes (die den musikalischen Fluss bewahren) sowie die Akustik und Umgebung der Location, in der die Aufnahme produziert wurde. In diesem Fall der durch die Schubertiade bekannte Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg – mit einem herrlich klingenden, einhundert Jahre alten Steinway.

Die musikalische Reise geht von Schumann über Gade zu Brahms; vor allem die Schumann verpflichteten Fantasiestücke op. 43 des kaum gespielten großen Dänen dürften selbst vielen Klarinettisten unbekannt sein. Manz aber schreibt gerade zu diesen Nummern ausführlicher und hebt die Notwendigkeit eines guten Blattes hervor, ebenso wie eine sauber ausgearbeiteten Agogik und Phrasierung. Und genau das findet sich auch bei der Einspielung: Ohne Schumanns op. 73 sind diese Stücke zwar nicht zu denken, aber sie fügen dem Gestus die dänische Variante des nordischen Tons hinzu. Auch Schumanns Fantasiestücke erklingen wie neu – nämlich ohne den oft gehörten großen romantischen Aufschwung, dafür aber intim gedeutet und erzählt – und von Herbst Schuch am mehr warm begleitenden als brillant sich aufdrängenden Flügel mitgestaltet. Den Rahmen des Albums bilden die beiden späten Sonaten von Johannes Brahms, die mehr erzählt gestaltet als dramatisch zugespitzt werden. Eine Wohltat angesichts vieler anderer Einspielungen, die mit einem kraftvollen Ton punkten wollen. Das Duo Manz / Schuch leistet sich geradezu einen anderen, viel leiseren Ton, der vielleicht auch viel näher an den Intentionen der Komponisten ist.

Johannes Brahms. Sonate für Klarinette und Klavier f-Moll op.120/1; Niels W. Gade. Fantasiestücke op. 43; Robert Schumann. Fantasiestücke op. 73; Johannes Brahms. Sonate für Klarinette und Klavier Es-Dur op.120/2
Sebastian Manz (Klarinette), Herbert Schuch (Klavier)

Berlin Classics 030 2655 BC (2021)

HörBar<< Nordin / Martin Fröst

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #151 – Klarinette

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