26. März 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Malawski / Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic

Malawski / Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic
Malawski / Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic
Von Artur Malawski (1904–1957) wird man außerhalb seiner polnischen Heimat wohl kaum etwas gehört haben. Auch ich kannte bisher nicht einmal seinen Namen – dabei steht er für eine (fast) verlorene Generation in einem Staat, der nach dem Ersten Weltkrieg restituiert, 1939 überfallen und ab 1945 in neuen Grenzen zu einem Satelliten wurde. Als Komponist fast vergessen, prägte Malawski als Lehrer in Krakau wichtige Persönlichkeiten der nächsten Generation: Zu seinen Schülern zählen als Komponisten Bogusław Schaeffer, Krzysztof Penderecki und Wojciech Kilar sowie als Dirigenten Jerzy Katlewicz und Jerzy Semkow. Seine eigenen Werke sind jedoch so gut wie unbekannt. Ob dieses Album zu einer Renaissance beiträgt?

Zunächst zu den hier eingespielten Werken, die alle zwischen 1947 und 1952 entstanden sind – und damit auch zwischen dem Aufbruch nach 1945 und den um sich greifenden stalinistischen Restriktionen. Tatsächlich wirken die Partituren, die in den Beginn dieser Periode fallen, ziemlich modern oder zeitgenössisch, auf jeden Fall eigen und ausdrucksstark. Das gilt insbesondere für die Ouvertüre (1948), die mit einem obligaten Klavier versehenen Sinfonischen Etüden (1947) und die Toccata (1947). Es sind bemerkenswerte, sehr eigenständige Partituren, die melodisch inspiriert, aber harmonisch etwas spröde wirken – zeittypisch auf der Suche nach neuen Ausdruckscharakteren, noch unabhänging von der Avantgarde aus dem Westen. Eine überaus interessante Zeit der polnischen Musikgeschichte (und damit auch des Repertoires), die noch immer der näheren Betrachtung harrt. Die Suita popularna (1952) atmet bereits einen anderen Geist, was die Werkschau umso interessanter macht. Das sich namentlich auf Artur Malawski berufende Orchester aus dem südostpolnischen Rzeszow tut sich indes schwer, die Partituren «frei» zu spielen. Alles ist ordentlich, aber wenig inspiriert – so als ob die Noten möglichst akkurat und «richtig» gespielt werden sollten. Leider zu wenig für eine wirkliche Wiederbelebung.

Artur Malawski. Ouverture (1948), Etiudy symfonizczne (1947), Tryptyk góralski (Bergsteiger Triptychon) (1949), Toccata (1947), Suita popularna (1952)
Beata Bilinska (Klavier), Artur Malawski Podkarpacka Philharmonic, Mariusz Smolij

Naxos 8.579159 (2024)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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