Vanessa Porter / folie à deuxEin interessanter Titel, der das Album in psychologische Tiefen führt. Da aber nicht jeder weiß, was eine «folie à deux» ist (und auch nicht jeder nachschlagen möchte), findet sich neben dem Booklet ein Zettel mit einer kurzen Definition. Das macht neugierig, denn zum Cover will diese Beziehung zweier Personen nicht recht passen – und eine weitere Erläuterung zum Album sucht man vergebens, handelt es sich doch um ein Recital. Wo also liegt der Schlüssel?
Abgesehen davon handelt es sich um ein Konzeptalbum, das diesen Begriff vom ersten bis zum letzten Ton, vom ersten bis zum letzten Wort verdient. Denn die einzelnen Stücke sind mit Versen und Aphorismen von Isabelle Klemt versehen, die oft auch für sich stehen und sprechen können. Davor, dazwischen und währenddessen lässt Vanessa Porter auf verschiedenen Instrumenten – von der Handglocke über verschiedene Trommeln bis zum Vibraphon – eine Geschichte in Tönen erklingen. Wie eine Reise durch die Nacht, durch Träume und Schatten, mit hohen Pulsen und tiefen Frequenzen. Ein Album, das nicht nur ein Porträt ist, sondern auch einzigartig in seiner Art.
Vanessa Porter. folie à deux
Vanessa Porter. Folie; Szene 1; Szene 2; Szene 3; Szene 5; Salvatore Sciarrino. Appendice alla perfezione; David Lang. The Anvil Chorus; Georges Aperghis. The messenger; Emil Kuyumcuyan. Shapes; Michio Kitazume. Side by Side; Alexander Sandi Kuhn. À deux
Vanessa Porter (Percussion) Bhakti BR 84 (2022)
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.