12. Dezember 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Innuendo

Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Innuendo
Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Innuendo

Es ist immer eine neue Überraschung, die Tobias Hoffmann mit seinem Jazz Orchestra als Komponist, Arrangeur und Dirigent herzustellen versteht. Die Mischung aus relativ simplem Grundmaterial, das dann in jeder Komposition im wahrsten Sinne des Wortes zur Entfaltung gebracht wird, bei der die Klangsumme wie bei einer Pflanze wächst und zum Blühen gebracht wird, ist unwiderstehlich.

Dabei verströmt sich diese Musik in Farben, Düften und Bewegungen. Aber es darf auch mal robust knallig zugehen («Innuendo»), wie es an anderer Stelle in alle Richtungen zerfließt («Sanctuary»).

Wobei für mein Gefühl bei diesem Album, anders als beim Vorhergehenden, manchmal doch ein wenig zu viel «gewollt» wird, etwas zu viel «geherrscht» wird, was dann in einer gewissen Kantigkeit sich manifestiert wie bei «Bipolarity» oder «Convictions». Die kompositorischen Probleme, über die Hoffmann im Beipackzettel Auskunft gibt, verengen sich zu sehr.

Darüber mag man hinwegsehen, weil die Musikerinnen und Musiker seines Jazz Orchestras viel zu akkurat ihre Energie verströmen können und die Dinge dann doch entkanten durch ihre interne Anschmiegsamkeit und durch ihre Präzision der kompositorischen Umsetzung. Oder durch die Soli wie das Gitarrensolo von Vilkka Wahl auf «The Lake», was famos über der Rockstruktur liegt und dann in den BigBand-Sound aufgesogen wird.

Ganz bei sich ist Hoffmann im Großensemble-Jazz beim letzten Stück, das wieder zeigt, wie leicht spielerisch er als Arrangeur zwei (bis drei) unabhängige kompositorische Grundideen ineinanderzuverweben versteht und doch möchte man ihm zurufen: «Knete nicht zu viel – lass‘ mal los» wie beim titelgebenden Stück «Innuendo», bei dem es umgekehrt reziprok negativ wachsen kann und im Zerfall der Humus gebildet wird aus dem Neues, Anderes entsteht.


Tobias Hoffmann Jazz Orchestra – Innuendo [2024]

  • Saxophone: Florian Trübsbach (Altsaxophon, Sopransaxophon, Flöte & Klarinette) Patrick Dunst (Altsaxophon, Sopransaxophon, Flöte & Klarinette) Robert Unterköfler (Tenorsaxophon, Sopransaxophon, Flöte & Klarinette) Martin Harms (Tenorsaxophon, Bassklarinette, Flöte & Klarinette) Jonas Brinckmann (Baritonsaxophon & Bassklarinette)
  • Trompeten & Flügelhörner: Maximilian Seibert, Sebastian Burneci, Florian Menzel, Gerhard Ornig, Jakob Helling
  • Posaunen: Simon Harrer (Posaune), Robert Bachner (Posaune & Ventil-Posaune), Daniel Holzleitner (Posaune), Johannes Oppel (Bass-Posaune & Tuba)
  • Rhythmusgruppe: Vilkka Wahl (Gitarre), Viola Hammer (Piano & Synthesizer), Ivar Roban Krizic (Kontrabass), Reinhold Schmölzer (Schlagzeug & Electronics)
  • Dirigent: Tobias Hoffmann
  • Aufnahmeleitung: Ursula Reicher

Mons Records (VÖ: 20.09.24)

 

Autor

  • Martin Hufner. Foto: Kurt Hufner

    Martin Hufner ist Musikjournalist, Musikwissenschaftler, Blogger. Er betreut nebenbei die Online-Redaktion der neuen musikzeitung.

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