21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

ALMA – Meine Seele / Elise Caluwaerts

ALMA – Meine Seele / Elise Caluwaerts
ALMA – Meine Seele / Elise Caluwaerts
Es ist nur wenige Jahrzehnte her, da reichte auf dem Cover eine nüchterne Inhaltsangabe: Alma Mahler-Werfel, Sämtliche Lieder (cpo, 1987), oder sprachlich etwas internationaler: Alma Mahler-Werfel, Complete Songs (abermals eine Einspielung bei cpo, 2000). Seither sind mindestens drei weitere Lieder im Druck erschienen, so dass heute 17 Gesänge vorliegen – anderes aus der Feder der berühmten «femme fatale» ist verloren oder verschollen. 2023 reicht es offenbar nicht mehr, einfach «complete songs» anzukündigen, und so erlaubt sich dieses Album mit dem Motto ALMA – Meine Seele nicht nur eine vorgebliche Intimität, sondern auch eine emotional-biographische Deutung (und eine signifikante Verkürzung des Nachnamens).

Aber auch interpretatorisch drängt sich die Produktion nicht in alle Aspekten auf. Akustisch etwa ist sie sehr direkt, was dem von Marianna Shirinyan modulierten warmen Klang eines alten Steinway von 1899 entgegenkommt, nicht aber unbedingt dem Sopran von Elise Caluwaerts, der mal ein sehr jugendliches Timbre aufweist, mal aber auch (zumal an den Versenden) zu einem über den inhärenten Ausdruck hinausgehenden Vibrato neigt. Dass es zu gelegentlichen Vokalverfärbungen kommt, ist noch akzeptabel, dass an anderen Stellen indes die Diktion wie einstudiert anmutet, bedauerlich. Statt einer sauberen Einordnung der Dichtungen und Vertonungen wiederholt Elise Caluwaerts in ihrem kurzen Essay bekannte Informationen und suggeriert durch ihr Zusammentreffen mit der Enkelin Marina Mahler Authentizität. Irgendwie passt es dazu, dass die deutschsprachigen Dichtungen weder im Wortlaut noch in Übersetzung beigegeben werden, auch der Essay ist lediglich englisch / französisch abgedruckt.

ALMA – Meine Seele. Complete Songs of Alma Mahler
Elise Caluwaerts (Sopran), Marianna Shirinyan (Klavier)

fuga libera FUG 796 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #119 – La femme