Ein Album mit 18 eigenen Kompositionen und Improvisationen. Die ganz normal-verrückte Solo-Piano-Patternwirtschaft mit pianistischem Geschraube zwischen Komposition, Improvisation mit hochungeraden Taktkonstruktionen sowie vielfach Ostinato-Virtuosität (dazu gleich). Stilistisch vielfarbig und mit manchmal mit substanziellen Groove-Überraschungen («Anormalidad»), ebenso wie mit lyrischen Inseln, auf denen die Musik ausflocken kann («First Snow»).
Es gibt Unterschiede in der Intensität musikalischer Dichte. Generell sind die Stücke enger verwoben, die auf mehr oder minder ausformulierten Kompositionsideen beruhen und damit auch kompakter und gründiger in der linearen Zeit sich ausbreiten – wo bei den Improvisationen selbst eher das Prinzip des durchgeführten musikalischen Grundeinfalls dominiert («Improvisation 2»).
Apropos Ostinato! Wer denkt, dass ist auch hier alles nur im Sinne einer sich durchgehende wiederholenden Bassfigur gedacht, wird überrascht sein, dass die Ostinati von Nicoud auch im Sinne rhythmisch, harmonischer Patterns («Ostinato #8») angelegt sind. Andere Ostinati sind in den Kompositionen selbst als internalisiertes Prinzip konzipiert – zum Beispiel bei «Contradiction» in der linken Hand, zu der phasenweise ein Gegenostinato der Oberstimme (rechte Hand) hinzutritt und alles zusammen einem rudimentären nivelliertem Bluesschema beigeordnet erscheint.
PS: Suchen Sie nicht «Improvisation #1», die hat es nicht ins Album geschafft. Wahrscheinlich der Pfannkuchen-Effekt, nach welchem der jeweils erste zu deutlich noch die Male des Versuchs zeigt. (Vielleicht auch nicht …)
Laurent Nicoud: Anormalidad [2023]
- Laurent Nicoud – Piano
QFTF, 2022 (VÖ 17.02.2023)