Suppé / In 80 Tagen um die Welt

Sommerzeit ist Reisezeit. Dem will und kann sich auch die «Hörbar» nicht entziehen und bricht daher in dieser Folge zu neuen Horizonten und zu unbekannten Partituren auf, von denen die meisten erst (wieder-)entdeckt werden mussten. Es handelt sich also nicht um tönende Ansichtskarten, sondern um eine dicht getaktete Expedition, bei der man nicht den Anschluss verpassen sollte. (NB. Haben Sie den Newsletter der Hörbar schon abonniert?)

Die Reise beginnt mit nicht weniger (und auch nicht mehr) als einer Weltumrundung. Freilich nicht auf einem mondänen Kreuzfahrtschiff oder in einem dahinjagenden Düsenjet. Es geht eher gemütlich zu – für unsere Verhältnisse. Noch bei Jules Verne waren anno 1873 für die kleine Reisegruppe die 80 Tage dringend benötigt und im Sauseschritt vorbei, zwei Jahrzehnte später konnte George Francis Train (nomen est omen) die Umrundung bereits in 60 Tagen vollenden (seine erste Weltreise diente Verne als Vorlage). Das alles hatte auf die Musik von Franz von Suppé nur wenig Einfluss. Er schuf bereits ein Jahr nach der Veröffentlichung des spektakulären Romans die teilweise mit Exotismen angereicherte Musik zu einer Bühnenfassung: ein Vorspiel und 15 Tableaus, gut 50 Minuten beste Unterhaltung. Die Ersteinspielung ist bei dem seinerseits ebenso weltumspannenden Label Naxos gut aufgehoben. Dario Salvi und das Janáček Philharmonic Orchestra nehmen sich der Musik mit großem Ernst an – vielleicht auch mit einem Quäntchen zu viel Seriosität. Das betrifft sowohl die Szene auf dem Suez-Kanal wie auch die indische Kultur oder den Eisenbahn-Überfall im Wilden Westen. Erstaunlich, wie Suppé die Sache mit seinen «leitmotivischen» Bezugspunkten über die Runden und sicher ans Ziel bringt. Die Zeitgenossen sahen auf der Bühne in erster Linie das Spektakel. Heute schaut man wohl eher, ob Vollpension und Trinkgelder im Preis inkludiert sind.