Viele von Mozarts großen Serenaden führen ein Schattendasein. Kaum jemand kennt sie, kaum einer führt sie auf, so gut wie niemand spielt sie ein. Ihnen haftet offenbar noch immer der zweifelhafte «Geruch» von Gelegenheitswerken an. Denn im Gegensatz zu so mancher Sinfonie zeigt sich Mozart in diesen vielsätzigen Werken zumeist von seiner galanten Seite, oft auch mit einer Solo-Violine. Wer etwa kennt die beiden Lodron‘schen Nachtmusiken? Mit der Haffner-Serenade steht es allerdings besser – vermutlich auch, weil schon das erste Menuett nicht heiter bleibt, sondern an einen Abgrund führt.
Insofern stellt die neue Einspielung dieser Serenade (D-Dur, KV 250) aktuell etwas Besonderes dar, auch wenn der Back-Katalog sehr respektabel mit unterschiedlichen Deutungen daherkommt. Daniel Dodds (Leitung sowie Solo-Violine) und die Festival Strings Lucerne haben sich nun dem Werk nicht nur von der musikantischen Seite genähert. In jedem Satz ist zu spüren, dass ihre Suche tiefer geht und in einzelnen harmonischen Wendungen und charakteristischen melodischen Pointen fündig wird. Dennoch steht dem Ganzen ein wenig die weiträumig eingefangene Akustik des KKL Luzern entgegen – eine Serenade ist dann doch direkter zu fassen. Andererseits galt es, die auf einem Foto im Booklet dokumentierte, weit auseinander gezogene Corona-Aufstellung des Ensembles auszugleichen (das gilt es dieser Tage nicht zu vergessen!). Neben dem Marsch KV 249, der ohnehin zur Serenade gehört, bietet das Album mit dem Ballett aus Vincenzo Righinis Oper Gerusalemme liberata (1803) eine wirkliche Rarität, musikalisch wie auch der Besetzung nach (Solo-Violine, Violoncello, zwei Fagotte, Horn). Hier lohnt das genaue Hinhören, da geradezu kammermusikalisch musiziert wird.
Wolfgang Amadeus Mozart. Marsch D-Dur KV 249; Serenade Nr. 7 D-Dur KV 250 «Haffner»; Vincenzo Righini. Armonia con Capriccio a Violine Solo (aus «Gerusalemme liberata»)
Festival Strings Lucerne, Daniel Dodds
Sony 19658725062 (2021)