Viel Melancholie am Ende des Lebens. Kaum anders wird man die hier eingespielten drei Kompositionen von Max Bruch wahrnehmen können. Es handelt sich um Werke (zwei Streichquintette und ein Streichoktett), die in jeder Hinsicht aus der Zeit fallen: 1918 und 1920 entstanden, wirken sie eher wie ein sehnsüchtig verklärter Rückblick denn als ein allerletztes Aufblühen der schon vergangenen Romantik. Bruch erging es damit wie Camille Saint-Saëns: Beide schauten am Ende ihres Lebens auf eine Zeiten- und Stilwende, die sie nicht mehr mitgehen konnten – womöglich auch gar nicht verstanden. Aus dieser Perspektive fällt es dann auch leicht, sich auf die Kompositionen als doppelten Abschied einzulassen: Im Streichquintett Es-Dur nahm Bruch Motive aus älteren seiner Werke auf und verarbeitete sie neu, das Oktett sollte sein allerletztes Werk bleiben.
Dass die Kompositionen überhaupt überliefert sind, ist glücklichen Umständen zu verdanken. Und obwohl sie sich (noch) nicht auf Konzertprogrammen haben durchsetzen können – für beide leider nur selten anzutreffende Besetzungen herrscht ja nun wahrlich eine bedeutende und etablierte Konkurrenz –, handelt es sich nun um die schon vierte Einspielung des Oktetts und des Streichquintetts a-Moll sowie die dritte des Es-Dur-Quintetts. So gesehen bedurfte es gar nicht des vergangenen Gedenkjahrs – für die WDR Chamber Players stellt die Aufnahme aber wohl auch eine mit Lokalbezug verbundene Ehrung des in Köln geborenen Komponisten dar. Würdig ist die Produktion auf jeden Fall. Interpretatorisch nähert sich das Ensemble dem Schwelgen, behält aber stets die Kontrolle und setzt in dem von Farbwechseln durchzogenen Verlauf reichlich Akzente. Die Aufnahme wirkt auf mich jedoch etwas höhenbetont und in manchen Passagen zu durchsichtig (Begleitstimmensatz!), so dass die Musik nicht immer von der ihr eigenen wohligen Wärme getragen wird.
Max Bruch: Kammermusik
- Streichquintett Es-Dur op. posth. (1918)
- Streichquintett a-Moll op. posth. (1918)
- Streichoktett B-Dur op. posth. (1920)
WDR Sinfonieorchester Chamber Players
Alpha ALP 743 (2020)