Schattenrisse

Schattenrisse

Dieses Doppelalbum ist noch immer aktuell. Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck unter der Leitung von Jan Michael Horstmann, die im Hinterland Sachsen-Anhalts eher im Stillen wirkt, hat hier Musik von sechs Komponist:innen unterschiedlicher Nationalität eingespielt, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten ein ähnliches Schicksal erlitten haben. Ob in Flammen aufgegangen, verboten und vergessen oder durch überstürzte Emigration einer kontinuierlichen Aufführungstradition beraubt: Hier werden ganz unterschiedliche Schicksale gestreift und musikalisch wiederbelebt. So etwa die wohl jedes Neujahrskonzert bereichernde Spanische Phantasie des bereits 1933 nach Argentinien emigrierten Benno Uhlfelder (1868-1946) (sein einstiger Bero-lina-Verlag dürfte

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
Ernst Bachrich

Ernst Bachrich

Fast scheint es, als sei Ernst Bachrich (1892-1942) nur eine Randnotiz der Musikgeschichte. Doch der Schein trügt, wenn man sich auf Spurensuche begibt, Informationen, Dokumente und Kompositionen zusammenträgt. Matthew Vest hat dies zunächst unabhängig von diesem Album getan – die Produktion stellt eher die Verklanglichung seiner umfangreichen Recherchen und Forschungsergebnisse dar: Nach einem ordentlichen Jura-Studium fand Bachrich bald Anschluss an den Schönberg-Kreis, unterstützte organisatorisch, spielte aber auch als hervorragender Pianist und Korrepetitor eine Rolle – sowohl im Verein für Musikalische Privataufführungen, also auch bei der verlegerischen Vorbereitung der Uraufführung von

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
Viktor Ullmann

Viktor Ullmann

Schon seit längerem ist Der Kaiser von Atlantis ins Repertoire eingegangen. Es handelt sich um ein «Spiel in einem Akt», eine Kammeroper. Sie ist unbestritten das Hauptwerk von Viktor Ullmann (1898–1944), keineswegs aber seine letzte Partitur. Entstanden im Ghetto Theresienstadt, wurde das Werk im Rahmen der organisierten «Freizeitgestaltung» einstudiert, nach der Generalprobe indes abgesetzt (diese Vorgänge lassen sich nicht mehr genau rekonstruieren). Sowohl Ullmann als auch sein junger Librettist Peter Kien (1919–1944), der sich auch bildnerisch betätigte, wurden bald darauf nach Auschwitz deportiert… Drei Jahrzehnte vergingen bis zur Uraufführung des

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
Karol Rathaus

Karol Rathaus

Er gehört zu jenen Komponisten, deren Werke im Dritten Reich als «entartet» gebrandmarkt wurden und die selbst unter unmittelbarem existenziellem Druck standen. Wie Hans Heller entschloss sich auch Karol Rathaus (1895–1954) früh, Berlin zu verlassen und über Paris nach London und 1938 nach New York zu emigrieren. Als einer der wichtigsten Schüler von Franz Schreker (und selbst dann in Berlin Dozent), erhielt Rathaus in der Neuen Welt eine Professur für Komposition am Queens College – und konnte somit seine schöpferische Tätigkeit ohne größere Unterbruch fortsetzen. Die Tragik seines Schaffens erstreckte

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik
Hans Heller

Hans Heller

Umso erfreulicher ist die Spurensuche, die Jascha Nemtsov unternommen hat – biographisch wie auch durch das Schaffen. Die sechs ausgewählten Werke zeigen Heller bereits in den 1920er Jahren als einen auch dodekaphon arbeitenden Komponisten, dessen dunkel timbrierte Werke Tendenzen des Expressionismus (Klaviersonate) wie des Neoklassizismus (Suite) aufnehmen. Es ist zu hoffen, dass es nicht bei dieser ersten Produktion bleibt, sondern noch mehr aus dem Œuvre erkundet wird.

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #154 – Verfemte Musik