20. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
KontraSax – Die Kunst des Reisens

KontraSax: Die Kunst des Reisens

Sie gilt als höchste und schwerste Kunst in der Welt der Improvisation, die des Duospiels. Wie einmal Peter Ruedi in seiner Radio-Anthologie „Die Geometrie der Inspiration“ Anfang der 80er Jahre im Zusammenhang mit den Duo-Aufnahmen von Keith Jarrett bemerkte: Da kann sich niemand hinter wem anderen verstecken, aber im Gegensatz zum Solo, wo das natürlich auch gilt, kann man den Lauf der Dinge auch nicht allein bestimmen. Gewiss, so etwas wie Doppel-Soli auf jeweils unabhängigen eigenen Spuren gibt es theoretisch auch – und manchmal klingt das auch praktisch so. Kurz:

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Martell Beigang: musical matrix

martell beigang: musical matrix

Bei manchen Platten ist man ob des Titels interessiert. „musical matrix“ mit Streichenden und einem Schlagzeuger als Urheber, das könnte was sein. Es empfiehlt sich, nicht ungerecht zu sein, aber doch ein wenig ehrlich. Die 10 Tracks orientieren sich in ihren Titeln an alten Tanzformen, die im Barock ganz verbreitet waren wie Menuett, Sarabande, Courante etc. Im Beipackzettel wird das als „Dix Danses Acoustiques“ apostrophiert, aber eine Beziehung auf den Barock lehnt der Autor der Stücke ab. Und so ist hier natürlich alles ganz anders. Da stoppelt man auch mal

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Alex Bayer: Radar

Alex Bayer: Radar

Es grenzt an ein Klangwunder in Zeiten des Weltchaos und der Untergangsdystopien. Was hier die Musiker (Stefan Karl Schmid, Roland Neffe, Peter Fulda, Jim Black) um den Bassisten und Komponisten Alex Bayer veranstalten, ist von einer Intensität getrieben, wie dies nur eine Leere um einen herum sonst vermag. „Die Charaktere der Stücke sind dabei so divers wie die Menschen selbst – mal wild, zart, energetisch, humorvoll, nerdig oder introvertiert,“ liest man in den Presseinformationen. Und man liest etwas von dem Schein zu „schweben“. Das mag sein. Ich höre da ein

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Muthspiel: Angular Blues

Muthspiel: Angular Blues

Eine ruhige Platte hat da dieses Trio mit dem Schlagzeuger Brian Blade und dem Bassisten Scott Colley um den Gitarristen Wolfgang Muthspiel für ECM eingespielt. Lassen Sie es mich emphatisch sagen: Man möchte diese Musik so in den Arm nehmen, wie umgekehrt sie das selbst mit ihren Hörerinnen und Hörern versucht. Irdische Perfektion mit friedlichster Klangabsicht in himmlischer Sphäre. Hören Sie nur den Track „Hüttengriffe“, Sie verstehen sofort, was ich meine. Diese hymnische Schlichtheit und dieses Unterstatement, bei dem jedes Tönchen zum Weltenspalter und -öffner wird, die alles um einen

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Schmid’s Huhn: Layers (live)

Schmid’s Huhn: Layers (live)

Es ist ja schon an anderer Stelle kompetent über diese Platte gesprochen worden. Bei Jazzcity (Michael Rüsenberg) und in der Frankfurter Rundschau (Hans-Jürgen Linke) – auch zum eigenartigen Namen des Quartetts findet man da ausführlich Information, die man hier nicht wiederholen muss. Beide Rezesionen sind geradezu euphorisch. Das hat seinen guten Grund: Die Platte – zusammengestellt aus Liveaufnahmen vor kleinem Publikum in Köln – protzt geradezu von extremer Musikalität wie sie der Jazz nicht zu häufig findet, gerade wenn man sich in Randbereichen traditioneller Jazzsprachen bewegt, tatsächlich aber längst sich

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Bastian Jütte Quartett: The Cure

Bastian Jütte Quartett: The Cure

„Die Gesamtstimmung des Albums ist geprägt von tiefer Einsamkeit – ohne weinerliches Selbstmitleid“, sagt der Saxophonist des Quartetts, Florian Trübsbach. Es hat dazu einen Corona-Zusammenhang, weil, im Nachhinein weiß man es immer besser, es kurz vor dem ersten Lockdown zu Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus im März 2020 aufgenommen worden ist. „Wir ahnten, dass die folgenden Wochen herausfordernd werden. Insofern kann man diese Aufnahme als letztes musikalisches Statement aus der Freiheit begreifen“, ergänzt Schlagzeuger und Bandleader Bastian Jütte über das neue Album seines Quartetts. „The Cure“ wurde eine Woche vor

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Gil Evans Orchestra 1986 live in der Fabrik Hamburg

Gil Evans Orchestra 1986 live in der Fabrik Hamburg

Mit viel Spannung und Tamtam, samt medialen Brimboriums, wurde diese neue CD-Reihe mit Musik aus der Hamburger „Fabrik“ erwartet. Große Namen des Jazz sollten sich die Hand reichen. Man grub da aus, was fast als Sensation zu Ehren hat kommen sollen. In der ersten Veröffentlichung spielte das Gil Evans Orchestra über mehrere Stunden, und hier zwei CDs lang, ein Programm mit Hendrix-Schwerpunkt auf. Die Hamburger Fabrik ist eine Institution wie es auch der NDR in der Ägide unter Michael Naura als Leiter der Jazzredaktion dies war. Zur Not hat man

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Zurich Jazz Orchestra & Steffen Schorn: to my beloved ones

Zurich Jazz Orchestra & Steffen Schorn: to my beloved ones

Auch die traditionelle BigBand ist nicht erneuerungsresistent und die Marke Jazz Orchestra drückt das sehr gut aus. Das gilt insbesondere auch für das Zurich Jazz Orchestra unter der residenten Leitungsgastarbeit von Steffen Schorn und das mit ihm Sprünge arrangiert , die Laune und Lust verbreiten. Hinter Titeln wie „Die Tochter des Tyrannen“ kochen die ein Süppchen orientalischer Klangpampe, heftig gewürzt und reich an musikalischem Protein. Nachhaltig mit akustischem Koffein versetzt, bleibt da kein Tanzfuß im Nassen, kein Ohr auf dem Trockenen. Nicht weniger glücklich wird man mit den anderen Tracks.

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Initiative H: Polar Star

Initiative H: Polar Star

Diese großen Ensembles, die größer wirken als „large“ und aber kleiner als „Big Bands“ sind und die in der romanischen Kultur beheimatet sind, finden einen ganz seltsamen eigenen Ton. Die Klangkulturen, ob bei Eve Risser, bei Art Zoyd, oder hier eben bei Initiative H, schmelzen insbesondere auch die populärmusikalischen Tonkulturen aus Rock und Pop jenseits des Jazz mit ein, so dass die Sache mit dem „Jazz“ zur schönsten Nebensache wird, die gleichwohl im Zentrum steht. Das liegt an der ausgiebigen Freude an repetitiven Mustern, denen man immer wieder im Aufbau

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Colonel Petrov's Good Judgement: Hypomaniac

Colonel Petrov’s Good Judgement: Hypomaniac

„COLONEL PETROV’S GOOD JUDGEMENT – der Name steht für den eigenen Weg, das Nicht-Befolgen von Konventionen und Normen. So hat auch der besagte Oberst Stanislaw Petrov im Jahre 1983 durch sein Nicht – Befolgen der offiziellen Regeln im Falle eines Raketenalarms, einen vermeintlichen Atomangriff auf die Sowjetunion als Fehlalarm entlarvt und somit das Schlimmste verhindert. Natürlich geht es dem Quartett um den Gitarristen und Komponisten Sebastian Müller nicht darum, die Welt zu retten, sondern“ …? Es heißt, es gehe „vielmehr um einen neuen Weg der Verschmelzung von verschiedenen musikalischen Einflüssen.

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Moritz Preisler Trio: Raureif

Moritz Preisler Trio: Raureif

Live eingespielt wurden die neun Stücke bereits in den Jahren 2017 bis 2019 in Köln, im Loft und im Salon du Jazz. Puh, eine Neuerscheinung mit Musik aus Vor-Corona-Zeiten. Im Nachgang wird auf diese Weise vielleicht deutlich, dass es mal eine Leichtigkeit gab, die sich eben nicht mit den Widrigkeiten der Lebensführung unter Pandemie und Krieg in der Nähe „auch“ beschäftigen musste, also dem nicht entgehen konnte. Ich denke schon, man kann es dieser Musik anhören, der ganzen hochintelligenten Machart, der Leichtigkeit und Tiefe dieses jungen Trio. Diese Musik experimentiert

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Roever Quartett: Hell's The Hippest Way To Go

Roever Quartett: Hell’s The Hippest Way To Go

Musik, die einen einfach selig machen kann, weil sie mit so eleganter Freundlichkeit den Tönen nichts abpresst, sondern sich laufen lässt – so schön wie ein hin- und herwogendes Weizenfeld im Abendlicht. Voller Wärme singt Lina Knörr im Klaviertrio, das als Ensemble so vertraut wirkt und dezent tänzerisch schwärmen kann wie auf Track 5 (Dentuso) oder im Flow ist wie bei Nummer 4 (Deep Thought). Eine Musik, die vom Gesang her gedacht ist (auch im Polyphonen wie in Nummer 7 – Tailored), der nicht spektakulär durch Kraft auftrumpft, sondern durch

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