da Costa – Ensemble Bonne CordeVorzügliche und faszinierende Concerti aus der europäischen Peripherie. Diesmal aber geht es nicht gen Norden oder Osten – sondern nach Funchal auf der noch heute so beliebten portugiesischen Blumeninsel Madeira. Dort wirkte Antonio Pereira da Costa (ca. 1697–1770) als Mestre da Capella an der Kathedrale. Ein Großteil seiner Kompositionen hat sich über die Zeiten nicht erhalten und auch seine Biografie kann nur bruchstückhaft geschrieben werden. Seine zwölf als «Opus 1» in London veröffentlichten Concerti zeigen ihn freilich als einen Meister seines Fachs. Musikalisch angelehnt an Corelli (op. 6) und wegen der vielfältigen Handelsbeziehungen der Insel in London gedruckt, ist allerdings fraglich, wie die Musik in Funchal erklungen ist – institutionell waren die benötigten Musiker jedenfalls nicht verfügbar.
Insofern handelt es sich bei diesem Album um gleich mehrere Premieren. Da wäre zunächst der Blick auf Antonio Pereira da Costa selbst und die im Atlantik gelegene Insel. Dann die Concerti selbst, die sowohl von einem profunden kompositorischen Vermögen zeugen, als auch eigene harmonische Wendungen und damit ein Opus abseits des vorherrschenden italienischen Geschmacks hervorbringen. In dem in der British Library erhaltenen Exemplar der im Jahre 1741 gedruckten Stimmen (siehe dazu IMSLP) fehlt zwar die des Violão de Concertinho (Cello-Concertino), doch konnte diese rekonstruiert werden. Und so kommen auf diesem Album in bunter Folge sechs Concerti (Nr. 5–10) zur Ersteinspielung – zwar mit etwas zu viel Hall eingefangen, aber durchaus angemessen und vor allem mit einem inspirierenden Effet musiziert. Ob es irgendwann noch zu einem zweiten, vervollständigenden Album kommen wird? Ich würde es mir sehr wünschen. Die alte Druckausgabe macht es allen wegen der zahlreichen Fehler allerdings nicht leicht – aber gerade darin liegen dann die Herausforderungen.
Antonio Pereira da Costa. Concerti grossi Nr. 5 g-Moll, Nr. 6 h-Moll, Nr. 7 F-Dur, Nr. 8 c-Moll, Nr. 9 a-Moll, Nr. 10 C-Dur
Ensemble Bonne Corde, Diana Vinagre Ramée RAM 2104 (2021)
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.