Bach – KantatenWie mit einem musikalischen Œuvre umgehen, das bereits vielfach eingespielt wurde, das in seiner Gesamtheit auch live aufgeführt wird? Paul Agnew und das Ensemble Les Arts Florissants beschreiten mit der Serie «A Live in Music» bei Johann Sebastian Bach einen neuen Weg, indem hier Stationen der stilistischen Entwicklung mit beispielhaften Werken aufgezeigt und mit anderen Kompositionen verglichen werden. Eine Schule des Hörens und Verstehens – eigentlich.
Die Einschränkung betrifft die Interpretationen selbst. Da mag einem (eine sehr persönliche Sache) der Ton der verwendeten Oboe nicht gefallen, da wird man gelegentlich etwas an der Sprachverständlichkeit oder an verstellten Vokallauten aussetzen können. Schwerer wiegt jedoch eine musikalische Geschäftigkeit, die gerade in der hier gewählten kleinen Besetzung vielfach brüchig wirkt und nicht bis zum Schluss ausgearbeitet scheint. Seltsamerweise fühlen sich die Interpreten bei der Telemann-Kantate viel wohler und mehr «zuhause».
Johann Sebastian Bach.
A Live in Music Vol. 2 – The Weimar Years (1708–1717)
«Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen» BWV 12; «Nun komm, der Heiden Heiland» BWV 61; «Himmelskönig, sei willkommen» BWV 182; Georg Philipp Telemann. «Nun komm, der Heiden Heiland» TWV 1:1178; Johann Michael Bach. «Nun komm, der Heiden Heiland» (Choralbearbeitung)
Benjamin Alard (Orgel), Les Arts Florissants, Paul Agnew harmonia mundi HAF 8902728 (2023)
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.