20. Juli 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Bach – Ars moriendi

Bach – Ars moriendi
Bach – Ars moriendi
In früheren Jahrhunderten und Epochen wurde anders mit dem Leben und dem Tod umgegangen – und somit auch mit der erhofften Ewigkeit. Dies spiegelt sich besonders in Dichtung und Musik wider, vielleicht am radikalsten in der Verszeile «Komm o Tod, Du Schlafes Bruder». Genau diese Choralstrophe hat vor 30 Jahren, verbunden mit erhabenen Bildern, sogar den Weg auf die Kinoleinwand gefunden. Wie Bach selbst über diese Dinge dachte, wissen wir nicht, aber der Ausdruck seiner Kompositionen scheint Hinweise zu geben.

Einige dieser Spuren werden auf diesem hervorragend kuratierten Konzeptalbum nachgezeichnet, welches genau das beim Namen nennt, was im (westlichen) Alltag des 21. Jahrhunderts verdrängt wird: Die Kunst des Sterbens – Ars moriendi. Das Ensemble Il Capriccio und der Countertenor Franz Vitzthum musizieren Arien, Choralbearbeitungen und sieben «Kontrapunkte» aus der Kunst der Fuge, wobei ein Großteil der inneren Geschlossenheit sicherlich in der bevorzugten Tonart d-Moll liegt. Erst mit der letzten Arie und einem Wechsel nach D-Dur tritt eine lichte Zuversicht ein.

Die Kunst des Sterbens – Ars moriendi
Johann Christoph Bach. «Es ist nun aus mit meinem Leben»; Johann Sebastian Bach. Contrapunctus I, V, IV, VIII, IX, XI, aus: Die Kunst der Fuge BWV 1080; Rezitativ «Was ist die Liebe Gottes» und Aria «Stirb in mir», aus: «Gott soll allein mein Herze haben» BWV 169; «Du, o schönes Weltgebäude», aus: «Ich will dein Kreuzstab gerne tragen» BWV 56; Erbarm dich mein, O Herre Gott BWV 721; Vor deinen Thron tret ich hiermit BWV 668; Fuga a tre Soggetti, aus: Die Kunst der Fuge BWV 1080; Aria «Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust», aus «Vergnügte Ruh» BWV 170
Franz Vitzthum (Countertenor), Ensemble Il Capriccio

Genuin GEN 22800 (2022)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #162 – kurz & knapp (Barock)

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