Und was für starke Werke sind das! Sie atmen den Geist Beethovens, haben einen stilistischen Bezug zur Eroica und sind doch ganz eigenständig und noch ein Stück mehr in das 19. Jahrhundert gewendet. Bereits die Eröffnungen der Kopfsätze fesseln und erfüllen im weiteren Verlauf ihre Versprechen. Als aufmerksamer Schüler hat Ries die Harmonik seines Meisters genau studiert und geht dabei ganz eigene Wege. Überraschend sind auch die ausgedehnten Solopartien für das Violoncello im langsamen Satz und Scherzo der Sinfonie Nr. 4. Entstanden in London und gedruckt in Leipzig muss man bei der Datierung und Zählung dennoch ein wenig aufpassen. Die Nr. 5 entstand bereits 1813, die Nr. 4 erst 1818 (gezählt wurde in der Folge der Druckausgabe). In der etwas kleineren Streicherbesetzung (8-8-6-4-3) trumpft die Tapiola Sinfonietta unter der Leitung von Janne Nisonen auf und erweist sich als überzeugte Anwälte der Partituren. Auch die direkte, natürlich eingefangene Akustik des Konzertsaals trägt zu dem herausragenden Eindruck dieser Produktion bei. Ein Album, das gehört werden muss.
Ferdinand Ries. Sinfonie Nr. 4 F-Dur op. 110; Sinfonie d-Moll op. 112
Tapiola Sinfonietta, Janne Nisonen
Ondine ODE 1454-2 (2024)
- Anton Zimmermann
- Ferdinand Ries