Mit diesem Album geht nach fast 20 Jahren eine lange Reise zu Ende. Ich erinnere mich noch gut an die ersten Aufnahmen, auf die ich damals eher zufällig in der großen CD-Abteilung von NK in Stockholm stieß (und ja, auch die ist inzwischen geschlossen). Es waren überraschend frische Aufnahmen der letzten Sonaten von Schubert, gespielt von dem mir damals völlig unbekannten Paul Lewis. An seinem Zugang zu dieser ganz eigenen Ausdruckswelt hat sich bis heute nichts verändert – zwischen souverän gelassener Poesie, eindringlich bohrender Dramatik und einem transparenten Spiel, das den Kompositionen nichts aufdrängt, sondern aus sich selbst sprechen lässt.
Dass am Ende drei «frühe» Sonaten stehen, mag für die innere Konsequenz des Projekts stehen. Nur auf den ersten Blick wirken sie wie ein Supplement. Vielmehr handelt es sich bei den mehr lichten, mitunter von verhaltener Heiterkeit durchzogenen Werken um eine Art Gegenbild zur ersten Folge – fast so, als solle auf Schuberts eigene Frage «Kennen Sie eine lustige Musik?» der Versuch einer klingenden Antwort gegeben werden. Paul Lewis jedenfalls hat einen Weg zu den Werken gefunden, der nicht auf Beethoven schielt (den er ja auch komplett eingespielt hat), sondern auch Seitenpfade ausleuchtet. Schuberts Klaviersonaten erscheinen so als komplexe Welt einer stillen Persönlichkeit.
Franz Schubert. Klaviersonate A-Dur D 664; Klaviersonate Es-Dur D 568; Klaviersonate a-Moll D 537
Paul Lewis (Klavier)
harmonia mundi HMM 902690 (2022)
- 72 Preludes / Mao Fujita
- Franz Schubert / Paul Lewis