Umso spektakulärer ist diese bei hänssler classic erschienene Produktion mit drei Werken aus drei Lebensaltern in chronologischer Reihenfolge. Es sind Kompositionen von bester, ja herausragender Qualität. Im Booklet titelte Michael Wittmann dazu Erstklassige Musik aus der zweiten Reihe. Nach meinem Verständnis ist das missverständlich formuliert – denn das musikhistorische Podium ist um etliche Meter breiter geworden, nachdem die Vielfalt der Sprachen und Möglichkeiten zwischen den Weltkriegen und darüber hinaus ins öffentliche Bewusstsein gedrungen ist. Den Anfang machen Japanische Lieder für Sopran und Klavier (1919), hier in einer beglückenden Kammerorchesterfassung aus den 1980er Jahren. In zehn Nummern knapp und pointiert formuliert, erinnern sie eher an Hindemiths hochexpressive Gesänge op. 9 (1917) als an romantische Strauss-Partituren. Eine Komposition, die in ihrer Eindringlichkeit und Farbigkeit sofort gefangen nimmt. Das gilt auch (und doch anders) für Le Violon de la Mort, ein Duo concertante für Violine, Klavier und großes Orchester (1953/57), das ebenfalls erst später instrumentiert wurde. Die ganz eigene Motorik und Kraft zeigen, wie selbstbewusst und unbeschadet Grete von Zieritz die schwierigen zwölf Jahre an der Spree mit nur unauffälligen Anpassungen überstanden hat. Dennoch wirkt dieser Totentanz wie aus einer anderen Zeit. Das jazzige Doppelkonzert für 2 Trompeten und Orchester (1975) lebt von der Lust an der Musik und ist nicht Ausdruck eines philosophischen Spätwerks. – Alle Interpretationen rücken die Werke ins beste Licht und machen Lust, Grete von Zieritz als große und ungewöhnlich eigenständige Komponistin zu entdecken, deren Œuvre mangels damaliger Aufführungsmöglichkeiten eher den kleinen und mittleren Besetzungen verpflichtet blieb.
Grete von Zieritz
Japanische Lieder für Sopran und Kammerorchester (1919); «Le Violon de la Mort». Duo concertante für Violine, Klavier und großes Orchester (1953/57); Doppelkonzert für 2 Trompeten und Orchester (1975)
Sophie Klussmann (Sopran), Nina Karmon (Violine), Oliver Triendl (Klavier), Jeroen Berwaerts (Trompete), Andre Schoch (Trompete), Robert-Schumann-Philharmonie, Jakob Brenner
hänssler classic HC 23065 (2023)