Ein Kritiker bemerkte ein Jahr später in der Musical Times nach einer Aufführung in Leeds, das Werk verbinde «Teutonische Nüchternheit und Intellektualität [mit] einem deutlichen Gefühl lateinischer Sinnlichkeit.» Aus heutiger Sicht handelt es sich hingegen um ein Werk, das nach Stil und Ausdruck seinen festen Platz in der viktorianischen Epoche hat. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass Stanford 1874 eine der ersten britischen Aufführungen des Deutschen Requiems von Johannes Brahms leitete. All dies und noch viel mehr (etwa das hinreißend helle Sanctus) machen dieses Requiem zu einer faszinierenden Komposition, in der ganz unterschiedliche Ideen und Strömungen zusammenfinden. Vor allem aber ist es ein wirklich dankbares Werk für große Oratorienchöre. Mit dieser Aufnahme von 2022 wird auch das das 125-jährige Jubiläum der Uraufführung gefeiert. Ein sehr geschlossenes Solistenensemble, dessen Stimmen sich wie selten organisch zusammenfügen, ein bestens disponierter Universitätschor (Respekt!) und das souveräne City of Birmingham Symphony Orchestra unter Martyn Brabbins tragen zum Gelingen bei. Ein musikalisch und interpretatorisch beeindruckendes Album.
Charles Villiers Stanford. Requiem op. 63 (1896)
Carolyn Sampson (Sopran), Marta Fontanals-Simmons (Mezzo), James Way (Tenor), Ross Ramgobin (Bariton), University of Birmingham Voices, City of Birmingham Symphony Orchestra, Martyn Brabbins
Hyperion CDA 68418 (2022)
- Gregor Joseph Werner / Requiem
- Józef Kozłowski / Requiem
- Luigi Cherubini / Requiem c-Moll
- Charles Villiers Stanford / Requiem
- Arnold Rosner / Requiem