Man muss sich wirklich einhören und die Scheibe sich mehrfach drehen lassen. Denn der Érard-Flügel von 1882 klingt ein wenig gewöhnungsbedürftig bzw. die auf ihm in neuem, altem Gewand gespielten Werke. Einerseits mischt sich das mittlere Register klangschön mit dem Violoncello, den untersten Oktaven aber fehlt die schwingende Substanz; die obersten wollen nicht recht nachschwingen, sondern machen sich eher mechanisch «klappernd» bemerkbar. Sind es Unzulänglichkeiten des Instruments oder solche der Hörgewohnheiten? Ich bin ein wenig unentschlossen, weil ich mich gegenüber neuen Erfahrungen eher aufgeschlossen zeige. Hier allerdings geht mir zu viel von der zweifelsohne vorhandenen kompositorischen Substanz verloren – das Klaviertrio fordert nunmal auch die Ränder des Ambitus heraus. Was also steht im Vordergrund: das vermeintlich originale Erleben oder die Interpretation? Seltsamerweise fügt sich in den vom Linos Piano Trio selbst angefertigten Bearbeitungen alles viel besser zusammen: die Pavane pour une infante défunte fordert eben eher die Mittellage, ebenso das Tombeau de Couperin. Hier sehe ich dann tatsächlich die tragendsten Pluspunkte der Produktion, in denen sich der interpretatorische Ansatz des Linos Piano Trios erfüllt. Es handelt sich übrigens um eine Einspielung, die noch im legendären Hans-Rosbaud-Studio des SWR in Freiburg aufgezeichnet wurde.
Maurice Ravel. Klaviertrio a-Moll; Pavane pour une infante défunte (arr. Linos Piano Trio); Le Tombeau de Couperin (arr. Linos Piano Trio)
Linos Piano Trio
Cavi-music 8553526 (2022)