Das zwischen 1882 und 1890 entstandene dreiteilige Poème de l’amour et de la mer op. 19 (Gedicht von der Liebe und vom Meer) gehört nicht nur wegen seines beträchtlichen Umfangs zu den ambitioniertesten Schöpfungen Chaussons, sondern auch zu den ersten Werken der um die Jahrhundertwende in Frankreich aufblühenden Gattung des Orchesterliedes. Die der Komposition zugrunde liegenden elegischen Verse von Maurice Bouchor (1855–1929) geben die Grundstimmung vergangener Liebe vor, die von Véronique Gens mit ihrem dunkel timbrierten Sopran vorzüglich zum Ausdruck gebracht wird; das von Alexandre Bloch geleitete Orchestre National de Lille umfängt die Stimme in einem geschlossenen Sound und mit dennoch durchhörbaren Details. Wie sehr Chausson von Wagner beeinflusst wurde, zeigt sich kurioserweise eher in der Sinfonie B-Dur, mit zahlreichen verblüffenden Allusionen (2. Satz, Tristan). Das Orchester aus Lille zeigt auch hier seine Fähigkeit zu einer differenzierten, eher weichen als kantigen, durchwegs aber klanggesättigten Interpretation.
Ernest Chausson. Poème de l’amour et de la mer op. 19; Sinfonie B-Dur op. 20
Véronique Gens (Sopran), Orchestre National de Lille, Alexandre Bloch
Alpha ALP 441 (2018)
- Tales of the Sea / Lydia Maria Bader
- Chausson / Poème de l’amour et de la mer
- Matthews / A Vision of the Sea
- Sebastian Fagerlund / Oceano
- Ketil Bjørnstad / Lofotoratoriet