21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Meteors – Message To Outer Space

Meteors – Message to outer space
Meteors – Message to outer space

Dieses Genre nennt sich «Deep Space Jazz». Schon wahr. Aber klingen tut er wie ganz «normaler Jazz» mit exzellenten Musiker:innen. Space gibt es, ja. Deepness? Okay, yo. Die Sache ist damit irgendwie im Schuber. Es wird gewobbelt und geschwubbelt, auf einzelnen Klangphänomen geribbelt, geschrabbert («Within Our Galaxy») und auch mal soft was abgelaicht wie in «Stellar Orbit».

Kurz, man muss sich auf diese Patchwork-Messages einlassen und darf dabei nicht zu engohrig sein. Ohne Blips und Bleeps in Assoziation mit Fantasy-Geschnörkel aus der Computerbude der Film/Serien-Musikgeschichte geht es natürlich auch nicht. Der «Outer Space» wird geflutet mit Posaunensublyrik von Shannon Barnett, die ins Nichts zielt, schlussendlich.

Und so zielt diese Musik an außerirdischen Lebensformen barthaarscharf vorbei. Das muss sie ja irgendwie auch, denn ein Zerschellen auf einem lebeweisenfreien Steinhaufen ist inakzeptabel. Diese Musik ist damit ein Begleiter unendlicher Stillen. Aber was ein Glück. Man hat ein paar Kopien auf CD und Vinyl auf Erden ablegen können. «Perfectly Balanced» wie Track 9?

Die 17 Stücke haben es in sich (auf Vinyl kommen ein paar – exakt sieben! – Bonustracks hinzu), ergeben eine abstrakte Geschichte mit melancholischen Mitteltönen aus immer wieder mal in sich kreisenden Zeitstrukturen («Inconveniences»).

KERNFRAGE

Woher stammt eigentlich das Bedürfnis, Produkte unserer Kunstwelt ins Weltall schießen zu wollen? Und in welche Richtung um Himmelswillen? Ist damit die stille Hoffnung auf bessere Welt jenseits des Diesseits verbunden, die all das besser verstehen und empfinden möge. Hat man alle Hoffnung fahren lassen, dies vor Ort in Erfüllung gehen zu sehen, während hier also alles in irreversiblem  Unsinn und in tellurischen Katastrophen vor die Hunde geht.

Wir wissen dabei doch nicht einmal, wie außermenschliche Lebewesen auf der Erde eine solche Musikwelt wahrnehmen. Genau genommen wissen wir das noch nicht mal bei den Menschen selbst. Eigentlich wissen wir ja gar nichts. Aber die Message der «Meteors» schafft es genau genommen nur auf den mittlerweile müden Flügeln von kaum noch existenten Rundfunkfrequenzen der Ultrakurzwellen frequenzmoduliert über die Grenzen der Athmosphäre hinaus, wo sich das alles ebenhinversendet … Der digitale Rest dürfte unlesbar sein. Pffff. AnAusAusAnAnAusAusAus…

So ist der outeste Space womöglich vorläufig der Innerste. Begleiten wir die Ideen Gramss‘ besonders gern auf Track 16 «Promised Land», einem musikalischen Schnuppen-Staub, transportiert auf den Tendern einer Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. Obertönen wir damit vorsichtig und zerbrechlich das Elend dieser Welt.


Sebastian Gramss: States Of Play – Meteors: Massage To Outer Space [2023]

  • Shannon Barnett – trombone
  • Hayden Chisholm – saxophone
  • Philip Zoubek – piano, synthesizer
  • Christian Lorenzen – e-piano, synthesizer
  • Sebastian Gramss – double bass
  • Dominik Mahnig – drums
  • additional drums: Thomas Sauerborn
  • additional synths and sound design: Sebastian Gramss
  • live effects: Stephan Vester
  • vocals: Shannon Barnett and Hayden Chisholm
  • prepared disklavier on „See What We’ve Done“ by Sebastian Gramss
  • additional contributions on „Stellar Orbit“, „Perfectly Balanced“ and „Inconveniences“:
  • Valentin Garvie – trumpet
  • Etienne Nillesen – prepared snare
  • Nicola L. Hein – guitar

rent a dog 2023-2 (VÖ 26.05.2023 – CD, Streaming, Download, Vinyl)

Autor

  • Martin Hufner. Foto: Kurt Hufner

    Martin Hufner ist Musikjournalist, Musikwissenschaftler, Blogger. Er betreut nebenbei die Online-Redaktion der neuen musikzeitung.

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hoerbar_nmz

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