Bei den Zeitgenossen lagen seine Kompositionen vielfach auf den Klavieren und Flügeln, heute kennt man kaum noch seinen Namen. Dabei schuf der in Königsberg geborene und in Dresden verstorbene Charles Mayer (1799–1862) Musik, die vielleicht noch als Ergänzung zu Schumanns Kinderszenen und dem Album für die Jugend einige Berechtigung hätte. Freilich gibt sich Mayer nicht ganz so poetisch (musikalisch wie in den Satzüberschriften), sondern eher gefällig-virtuos, wobei die von ihm stammenden Stücke gut liegen und flüssig von der Hand gehen.
Dass seine Musik – hier zwei vollständige Sammlungen mit 6 bzw. 24 Stücken – überhaupt wieder erklingt und noch dazu eingespielt wurde, ist Luigi Gerosa zu verdanken, der sich schon seit Jahren und mit anhaltender Konstanz den vergessenen, «kleineren» Meistern widmet. Nach Werken von Schröder und Kalkbrenner hat er bereits die Kinderszenen op. 124 und das Notenbuch für Klein und Groß op. 138 von Stephen Heller aufgenommen – Sammlungen, über die man sich die Augen reibt, weil sie entweder selbst zu lange im Verborgenen geträumt haben oder man sie einfach nirgends sehen bzw. hören konnte. Auch Mayers Jugendblüthen op. 121 und Jugendträume op. 300 lohnen den näheren Blick, die eine oder andere Nummer vermag auch in der Gegenwart noch zu überzeugen. Interpretatorisch macht Luigi Gerosa aus diesen Stücken nicht mehr als sie sind – und damit tut er ihnen auch einen großen interpretatorischen Gefallen. Man sollte sich die Sachen im Kontext anhören.
Charles Mayer. Jugendträume op. 300; Jugendblüthen op. 121
Luigi Gerosa (Klavier)
Dynamic CDS 7980 (2022)