Was damals wirklich geschah, liegt im Dunkel. Und doch gewinnen Land und Meer und die Einsamkeit am vermeintlichen Ende der Welt hier charakteristische Tongestalt. Anna Katrin Øssursdóttir Egilstrøð und Allan Gravgaard Madsen haben dazu eine Partitur entworfen, die sehr direkt von diesem mehrfachen «outbreak» erzählt – von Natur und Gefühlen, einem «inner place of solace». Die Komposition entwickelt dabei einen Sog, dem man sich kaum entziehen mag, auch wegen der Stimme von Øssursdóttir Egilstrøð, die mit der Folktronica Gruppe Valravn bereits durch mehr als 25 Länder tourte, aber auch Repertoire wie Schönbergs Pierrot Lunaire interpretierte. Hier nun hat sie in Beinta (2015/16) selbst den Gesangspart übernommen und realisiert ihn berückend authentisch – so direkt wie im Pop oder Jazz und so eindrücklich, dass ihr Gesang im Ohr bleibt. Es ist eine Geschichte, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, die in ihren Dimensionen schwer zu greifen bleibt, die aber in diesen Klängen wiederaufersteht. Man mag sich darin selbst verlieren – und finden. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass heute an eher abgelegenen Orten eine Musik entstehen kann, die mit ihrer Intensität alle Gattungsgrenzen sprengt.
Anna Katrin Øssursdóttir Egilstrøð / Allan Gravgaard Madsen. Beinta (2015/16)
Anna Katrin Øssursdóttir Egilstrøð (Stimme) Aarhus Symphony Orchestra, Andreas Delfs
dacapo 8.226187 (2019, 2021)
- Berlioz / Holmès / Stéphanie d’Oustrac
- Henze / Nachtstücke / Banse
- Anna Katrin Øssursdóttir Egilstrøð / Beinta
- Arnulf Herrmann / Tour de Trance
- Fieber / Verklärte Nacht