25. April 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Alexis Kossenko

Alexis Kossenko
Alexis Kossenko
Unter den im 19. Jahrhundert qualitativ wie quantitativ mit hochstehender Kammermusik bedachten Holzblasinstrumenten steht die Querflöte an erster Stelle. Für sie lässt sich bereits im Œuvre von Johann Nepomuk Hummel eine Sonate nachweisen; vor allem aber haben in einer sich gegenseitig befruchtenden Konstellation sowohl Komponisten des französischen Sprachraums wie auch die Maßstäbe setzenden Klassen des Pariser Conservatoire viel für das Repertoire getan. Aber «Undine»? Diese Produktion des französischen(!) Labels Aparté wendet sich bewusst Werken von Komponisten «du nord» zu, womit im Gegensatz zu der im Louvre ausgestellten Malerei wirklich das nördliche Europa gemeint ist – es kommt immer auf die Perspektive an.

Titelgebend war in diesem Fall die gleichnamige Sonate von Carl Reinecke, der 1824 in Altona geboren wurde (einer bis 1938 zu Schleswig-Holstein gehörenden selbständigen Großstadt), sekundiert von Raritäten: der in Reineckes Todesjahr erschienenen Ballade op. 288 (1910), wie auch einigen Stücken von Carl Joachim Andersen (1847–1909), denen wiederum ausgewählte Lyrische Klavierstücke von Grieg an die Seite gestellt werden. Wer indes einen perfektionistisch blankpolierten Flötenklang erwartet, wird enttäuscht werden. Denn Alexis Kossenko greift auf ein zeitgenössisches, aus der Werkstatt von Heinrich Friedrich Meyer (Hannover) stammendes Instrumentarium zurück, das nicht nur wärmer und individueller klingt, sondern auch in der Tongebung Herausforderungen mit sich bringt. Passend dazu spielt Vassilis Varvaresos auf einem Steinway von 1855 bzw. einem Bechstein von 1912. Und so darf man mit diesem Album das Repertoire in anderen Farben neu hören. Eine Entdeckungsreise.

Undine. Legends of Northern Europe
Carl Reinecke. Sonate für Flöte und Klavier e-Moll op. 167 «Undine»; Ballade für Flöte und Klavier op. 288; Edvard Grieg. Klokkeklang op. 54/6, Vuggevise op. 38/1, Sylfide op. 62/1, Trolltog op. 54/3, Solveigs sang op. 52/4, Scherzo op. 54/5; Carl Joachim Andersen. Au bord de la mer op. 9; Morceaux de salon op. 51/2, Etude (Schwedisches Volkslied) op. 21/4, Ballade et Danse des Sylphes op. 5
Alexis Kossenko (Flöte), Vassilis Varvaresos (Klavier)

Aparté AP 252 (2020)

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