Ein Album, das hochinteressant ist – auch weil es aufführungspraktisch den unbequemen Platz zwischen den Stühlen einnimmt. Da wäre zunächst das im kanadischen Québec beheimatete Orchester Les Violons du Roy. Im Jahre 1984 von Bernard Labadie gegründet, hat es von Anbeginn einen Weg verfolgt, den man noch vor zwei Jahrzenten beim Orchester des SWR in Stuttgart unter der Leitung von Roger Norrington als «The Stuttgart Sound» feierte: ein crossover in performing practice. Denn für eine historisch informierte, mehr noch: kluge Interpretation bedarf es nicht zwingend eines alten oder nachgebauten Instrumentariums, sondern einer bewussten Umsetzung durch die Musiker. Und so spielen die nur in der Größe eines Kammerorchesters besetzten Violons du Roy zwar auf modernen Instrumenten (die Streicher mit den leichteren alten Bögen), klingen aber auf faszinierende Weise «anders». Was klanglich die Holz- und Blechbläser hervorzaubern (die trockene Pauke eingeschlossen) ist «à la bonne heure».
Kurioserweise ist es dann der für den Solopart gewählte moderne Flügel, der klanglich wie interpretatorisch irritiert. Zwar gestaltet Charles Richard-Hamelin seinen Part mit technischer und interpretatorischer Souveränität, doch wirkt das Instrument in diesem Zusammenhang mit seinem von Natur aus eingeengten Spektrum an Obertönen paradoxerweise anachronistisch. Zudem fasst Richard-Hamelin die Werke eher mit einem langen Blick in das 19. Jahrhundert auf; jedenfalls weist sein Spiel weit über das hinaus, was man von den beiden Konzerten unter diesen Voraussetzungen erwartet, so beispielsweise in der vorausweisenden eigenen(?) Kadenz des Kopfsatzes in KV 491. Auch akustisch steht das schwarze «Tastenkrokodil» seltsam exponiert, obwohl es in diesem Rahmen die herausgehobene Präsenz nicht nötig gehabt hätte. Für mich bleibt daher am Ende das Orchester der Star dieses interpretatorisch spannungsgeladenen Albums.
Wolfgang Amadeus Mozart. Klavierkonzert Nr. 22 Es-Dur KV 482; Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll KV 491
Charles Richard-Hamelin (Klavier), Le Violons du Roy, Jonathan Cohen
Analekta AN 2 9147 (2019)