In Olga Neuwirths Solostücken geht es weniger um halsbrecherische Demonstrationen unkonventioneller Spieltechniken als um Klangräume, wo Dinge aufeinandertreffen, die sich normalerweise nicht zwangsläufig begegnen, wo Disparates zu einer schrägen Poetik verschmilzt. Zum Beispiel eine Flöte und der Rhythmus einer Olivetti-Schreibmaschine („Magic flu-idity“, 2018) oder die elementaren Klanglichkeit eines Fagotts mit Tape-Interpolationen einer diffus verrauschten Folklore („Torsion“, 2003).
Das kann in Neuwirths abgründigen Musik-Legierungen Züge des Unheimlichen annehmen wie im taufrischen „CoroAtion I: io son ferito ahimè“ (2020): eine ganz persönliche Corona-Reflexion, wo ein Sammelsurium an Perkussion in eine sphärische Sample-Klangwelt eintaucht, die eher gruselig als sakral in Erscheinung tritt.
„Incendo/Fluido“ (2000) hingegen verflüssigt mikrotonal verbogene Klavierklänge mit dem Sound eines Ondes Martenot, das per CD-Einspielung mitten im Resonanzboden des Klavieres ertönt. Diese feine Produktion ist übrigens Bestandteil einer Reihe des Klangforums Wien unter dem Motto „Solo“, in der weitere CDs mit solistischen Beiträgen von Toshio Hosokawa, Rebecca Saunders, Salvatore Sciarrino und Georges Aperghis erschienen sind. (Kairos)
- Extrahiert aus:
Dunkles Licht – Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek (nmz 2021/06)
Olga Neuwirth: Solo (Klangforum Wien)
Vera Fischer, Lorelei Dowling, Anders Nyqvist, Björn Wilker, Florian Müller, Dimitrios Polisoidis, Olga NeuwirthKairos: 0015097KAI