27. Juli 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Michele Mascitti / Triosonaten

Michele Mascitti / Triosonaten

Wow – denkt man sich. Das Repertoire ist nach wie vor unerschöpflich und bietet noch immer Werke und Werkgruppen, die offenbar noch nie eingespielt wurden. So scheinbar auch die hier vorgestellten Triosonaten von Michele Mascitti (1664–1760). Er war ein seit 1704 in Paris lebender Neopolitaner, ein Grenzgänger zwischen den Stilen, auch wenn hier die Triosonaten seines Opus 1 Corellis Einfluss kaum verbergen können. «World premiere recordings» steht auf dem Cover, und im Kleingedruckten nochmals «world premiere recordings of his Triosonatas Op. 1». Dass auf dem Album tatsächlich nur der zweite

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Preußisch Blau / Sophia Aretz

Preußisch Blau / Sophia Aretz

Ein Album, so interessant wie die Geschichte des Preußisch Blau selbst, das Anfang des 18. Jahrhunderts in Berlin in einem alchimistischen Labor durch Zufall hervorgebracht wurde. Rasch machte die neue Farbe Karriere, denn sie ersetzte in der Malerei die aus dem kostbaren Lapislazuli gewonnene Farbe, die nur für die Darstellung kostbarster Gewänder eingesetzt wurde, wie etwa bei Mariendarstellungen. Als Massenprodukt kam das Blau dann auch für Uniformen in Mode. Bei dieser Produktion zeigt es auf dem Cover ein modischer Design-Sessel im entsprechenden Farbton. Auch musikalisch geht es nach Berlin (und

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Friedrich II. / Gian-Luca Petrucci

Friedrich II. / Gian-Luca Petrucci

Friedrich II. und Johann Joachim Quantz teilen musikalisch dasselbe Schicksal: Entgegen der einen oder anderen Legende und dem mit erheblichem zeitlichen Abstand durch Adolph von Menzel geschaffenen großformatigen Gemälde Flötenkonzert in Sanssouci (1852) ist kaum eines ihrer vielen dutzend Werke ins (Konzert-) Repertoire eingegangen (eine beliebte und in moderner Ausgabe erhältliche Triosonate von Quantz ausgenommen). Bei Friedrich II. sollen es nach Philipp Spittas Zählung 121 Sonaten und vier Konzerte sein – ein womöglich noch zu hebender Schatz… …auch für Interpreten. Tatsächlich ist es sowohl zum 200. Geburtstag (2012) als auch

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Leopold I. / Requiem & Lectiones

Leopold I. / Requiem & Lectiones

Es gab nur wenige blaublütige Herrscher, Kaiser wie Könige, die sich auf hohem Niveau schöpferisch betätigten. Unter ihnen tritt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Kaiser Leopold I. (1640–1705) besonders hervor. In Wien als Leopold Ignaz Joseph Balthasar Franz Felician geboren, fallen in seine Regierungszeit ab 1668 die französische Expansion im Westen (unter Louis XIV.) und die des Osmanischen Reiches im Osten (einschließlich der Belagerung Wiens im Jahre 1683). Neben der Arbeit am Aufstieg der Habsburger blieb offenbar genügend Zeit zum eigenen Musizieren wie auch zum Komponieren – ca.

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Vivaldi / Sergio Azzolini

Vivaldi / Sergio Azzolini

Dieses Album gleicht einem Feuerwerk. Mit einem Füllhorn an musikalischer Effekte und einem breit geöffneten Farbfächer werden hier in einer fünften Folge insgesamt sieben Konzerte für Fagott zelebriert und abgefeiert, dass es eine wahre Lust ist. Das Ensemble L’Onda Armonica gibt sich dabei agil und wandelbar zwischen robusten Rhythmen und extrem dicht ineinander fließenden Harmonien. Bereits der erste Track überrumpelt: Der Anfang des Konzerts a-Moll RV 497 wird mit einer geradezu flegelhaftigen Ruppigkeit «gerockt», dass einem um den Rest des Satzes, des Konzerts und gar der Einspielung bange werden kann.

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French Music for Bassoon / Danny Bond

French Music for Bassoon / Danny Bond

Sein Name ist Bond. Danny Bond. In diesem Jahr wird er 73 Jahre alt. Und er hat in seiner Laufbahn die Szene der «Alten Musik» ohne wirklich im Vordergrund zu stehen maßgeblich mitgeprägt. Als Fagottist wirkte er in nahezu allen großen Ensembles mit (nicht immer simultan, aber schon eine kleine Auswahl lässt einen erstaunen): Bach Collegium Japan, Baroque Orchestra, Fiori Musicali, La Petite Bande, Academy of Ancient Music, Musica Amphion, Orchestra of the 18th Century, Amsterdam Baroque Orchestra; unter Christopher Hogwood trat er bei Einspielungen der Konzerte von Vivaldi und

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Transitions / Capella de la Torre

Transitions / Capella de la Torre

Geradezu poetisch kommt das Cover zu dem Album-Titel Transitions daher. Sind es im Wasser stehende alte Holzpfeiler, wie man sie etwa in Norddeutschland als einfache Heringszäune kennt? Oder handelt es sich um Reste von früheren Stegen – möglicherweise gar am Ende der Welt? Und für wessen «Übergang» (Transition) mögen sie wohl stehen? – Ob damit die Vertonung des liturgischen Requiems von Francesco Cavalli (1602–1676) wirklich getroffen wurde, sei dahin gestellt. Denn Cavalli, der sowohl als Organist und Kapellmeister wie auch als Opernkomponist im Venedig seiner Zeit eine herausragende Position innehatte,

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Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Buxtehude / Membra Jesu Nostri

Singulär im kompositorischen Schaffen von Dietrich Buxtehude wie auch für das ausgehende 18. Jahrhundert ist der von ihm selbst auf 1680 datierte, insgesamt sieben Kantaten umfassende Zyklus der Membra Jesu nostri patientis sanctissima (Die hochheiligen Gliedmaßen unseres leidenden Jesu). Überliefert in einer autographen Tabulatur, ist das Werk dem schwedischen Hofkapellmeister Gustav Düben (ca. 1628–1690) gewidmet, der wie nur wenige andere systematisch eine Sammlung von Handschriften herausragender zeitgenössischer Kompositionen anlegte (wodurch sich zahlreiche Werke Buxtehudes überhaupt der Nachwelt erhalten haben). Im Zentrum steht die Vertonung der mittelalterlichen Verse «Salve mundi salutare».

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Graun, Bach, Telemann / Pasticcio

Graun, Bach, Telemann / Pasticcio

Bei einer Pastete kommt es auf die rechten Zutaten und die passenden Gewürze an. Im glücklichsten Fall hat die Küche nur die besten Zutaten verwendet – so wie dies im musikalischen Bereich auch bei einem «Pasticcio» sein sollte. Der Begriff beschreibt die insbesondere in der erste Hälfte des 18. Jahrhunderts übliche Zusammenstellung von Stücken verschiedener Meister, die am Ende ein neues «Werk» ergeben – im Bereich der Oper leicht nachvollziehbar (entweder bei einem ähnlichen Libretto oder wegen der «wiederverwendbaren» musikalischen Affekte der Arien), im Bereich des Passionsoratoriums aber ebenfalls im

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Händel / Brockes-Passion

Händel / Brockes-Passion

Als im Jahres 1712 unter dem Titel Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesu die von Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) stammende Um-dichtung der Leidensgeschichte Christi im Druck erschien, war nicht absehbar, dass in den folgenden Jahrzehnten mindestens 13 Komponisten diesen Text einer Vertonung zugrunde legten; unter ihnen Reinhard Keiser, Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel, Johann Mattheson, Johann Friedrich Fasch und Gottfried Heinrich Stölzel. Brockes traf mit seiner gleichermaßen auf Rührung wie Erschütterung angelegten Dichtung offenbar nicht nur den Geschmack seiner Zeitgenossen, sondern regte darüber hinaus in

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Johann Heinrich Rolle / Lukas-Passion

Johann Heinrich Rolle / Lukas-Passion

Es nötigt einem ziemlichen Respekt ab, wie das Label cpo seit vielen Jahren nicht nur zu Weihnachten, sondern auch zur Passionszeit das Repertoire erweitert. Denn während an vielen Orten, landauf, landab die beiden großen Passionen von Johann Sebastian Bach als «gesetzt» gelten (und ja: wohl jeder Chor mit geistlicher Ausrichtung möchte das einmal aufführen), da zeigen wenigstens die Einspielungen, was man sich alles entgehen lässt. In diesem Fall ist es eine Passionsmusik von Johann Heinrich Rolle (1716–1785), der in Magdeburg wirkte und in Hamburg bei der Telemann-Nachfolge nur knapp gegenüber

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Dandrieu & Corelli / Le Consort

Dandrieu & Corelli / Le Consort

Was viele Jahrzehnte später als Streichquartett zum «Gesellenstück» wurde, das war um die Wende zum 18. Jahrhundert die Triosonate. In der Nachfolge von Arcangelo Corelli und maßgeblich beeinflusst von seinen Opera entstanden zahlreiche Sammlungen, in der Regel von sechs Sonaten. Hier ist auch das 1705 gedruckte «Opus 1» von Jean François Dandrieu (1682–1738) zu verorten, der sich frühbegabt den Tasteninstrumenten zuwandte und als Musiker bis zu einem der vier etatmäßigen Organisten an der Chapelle Royale in Versailles aufstieg. Dass von ihm nur weniges gedruckt wurde und nur wenig mehr erhalten

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