5. Mai 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Bach / Lorenzo Ghielmi

Bach / Lorenzo Ghielmi

Äußerliche Brillanz ist nicht die Sache von Lorenzo Ghielmi. Am Cembalo und an der Orgel zu Hause, entwickelt er – ganz gegen den Trend der Zeit – ausgewogene und zugleich durchdachte Interpretationen, denen ein wenig von dem anhaftet, was man den Kompositionen Johann Sebastian Bachs nachsagt: Zeitlosigkeit. Spürbar wird das in seinem souveränen, ja abgeklärten Blick auf große und kleine Formen, in seiner präzisen und doch entspannten Darstellung großer Linien und kleinteiliger Rhythmen. So auch bei dieser Einspielung von Bachs sechs Partiten BWV 825–830 – einer enzyklopädischen Summa der Gattung,

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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Samuel Scheidt

Samuel Scheidt / Liebliches Krafft-Blümlein

Obwohl er neben Heinrich Schütz und Johann Hermann Schein zu den großen «Sch» des 17. Jahrhunders zählt, ist Musik von Samuel Scheidt (1587–1654) eher selten zu hören. Bei Organisten steht eine neuere Ausgabe seiner Tabulatura nova (1624) vielfach auf dem Notenpult, seine Vokalmusik bleibt aber eine Rarität. Und so handelt es sich bei dem aktuellen Album auch um die erste vollständige Einspielung einer 1635 im Druck erschienenen Sammlung mit dem erquickenden Titel Liebliche Krafft-Blümlein. Der historische Hintergrund der insgesamt zwölf nur vom Continuo begleiteten Duette ist freilich düster: Der Dreißigjährige

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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Bach / Alexander Grychtolik

Bach / Alexander Grychtolik

Bach am Karfreitag. In der Regel assoziiert man damit Aufführungen der Johannes- oder der Matthäuspassion. Man denkt auch an die alten, unter Chorsänger:innen immer noch etablierten Peters-Klavierauszüge (mit ihrer hervorragenden Notenstich),, weniger jedoch an die Fassungen und die Frage ihrer Konsistenz. Das betrifft die Johannes-Passion (aufmerksamen Zeitgenossen werden sich dessen immer bewusster), aber auch die weniger im Fokus stehenden Kompositionen: Da wäre zunächst die Lukas-Passion (BWV 246) mit ihren merkwürdigen Brüchen (zwischen musikalischer Simplizität und späteren Bach’schen Eingriffen), dann aber auch das «Passionsoratorium» BWV Anh. 169 auf einen Text von

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Rosetti / L’arpa festante

Rosetti / L’arpa festante

Protestantische Kirchenmusik aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat es schwer. Früher sprach man gar von einem «Niedergang» in jeder Zeit – vor allem gemessen an den Werken von Johann Sebastian Bach, die lange als einzige Referenz galten und tradiert wurden. Vergessen wurden in diesem Zusammenhang neben Bachs eigenen Zeitgenossen (so selbst Telemann!) auch die in Hamburg entstandenen Passionen von CPE Bach, der Tod Jesu in der Vertonung von Carl Heinrich Graun (Berlin, 1755) oder auch Werke von Antonio Rosetti (1750–1792). Nicht selten stößt man daher heute bei Einspielungen

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Aumann / Ars Antiqua Austria

Aumann / Ars Antiqua Austria

Was für diese Einspielung an handschriftlichen Quellen mühsam, mit allerlei Recherchen aber auch Finderglück aus mehreren Klosterbibliotheken zusammengetragen wurde, liest sich im Booklet wie eine spannende Geschichte – eine Geschichte zumal, die nur durch die beharrliche und akribische Arbeit des RISM und seiner zahlreichen dezentralen Mitarbeiter:innen möglich wurde. Denn was nützen heute die vielen kleinen und großen Klosterbibliotheken, wenn die musikalischen Bestände nicht vergleichbar erschlossen sind? Gerade hier besteht doch endlich die Chance, durch umfassende digitale Verzeichnisse und Incipits einen nachhaltigen und dauerhaften Zugang (wenigstens zu den Nachweisen) zu schaffen.

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Demantius / Ensemble Polyharmonique

Demantius / Ensemble Polyharmonique

Für gewöhnlich denkt man sich in der Kar-Woche die Passion Jesu Christi musikalisch in den Vertonungen von Johann Sebastian Bach – Kompositionen, die einem in ihrer Dramatik vertraut geworden sind. Dass seine Vertonungen des biblischen «Krimis» aber nur eine Möglichkeit darstellen, genauer: eine Möglichkeit aus den 1720er und 1730er Jahren, ist wohl nur wenigen bewusst. Denn es gibt geschichtlich ein «Davor» ebenso wie ein «Danach». Spätere Vertonungen (darunter die von Kurt Thomas, Ernst Pepping und Krzysztof Penderecki) sind vielleicht geläufiger als die frühbarocken Passionen von Johann Theile und Johann Meder

Teil 1 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Salon de Ravel / Marina Baranova

Salon de Ravel / Marina Baranova

Mit sogenannten Konzeptalben tue ich mich schwer. Zu oft kann man nämlich den Eindruck gewinnen, die Zusammenstellung der einzelnen Sätze und Kompositionen wäre beliebig und dabei mehr oder weniger offensichtlich bloß einer Marketingstrategie geschuldet. Die Musik selbst wird dann zur Verfügungsmasse, um die jeweiligen Protagonisten in Szene zu setzen. Und wo die ausgewählten Stücke im Original nicht so recht passen, werden sie durch Arrangements passend gemacht. Meist entsteht so ein Stil-Mix, der ein vermeintlich breiteres Publikum ansprechen soll. Von all dem ist bei Salon de Ravel nichts zu spüren. Es

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #150 – Ravel 150
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Double / Michel Portal & Paul Meyer

Double / Michel Portal & Paul Meyer

Die Klarinette mit ihren drei Registern ist schon an sich ein herrliches Instrument. Wer aber schon einmal im Duo gespielt hat, hat sicher eine Ahnung davon, dass das wie ein intimes Gespräch mit vielen Farben und feinsten Nuancen des Ausdrucks sein kann. Und wenn die Stimmen schließlich in Terzen verschmelzen, entwickelt sich ein wunderbarer Wohlklang. So auch auf diesem Album, das unter dem Titel Double Duos wie Doppelkonzerte versammelt. Und um es gleich vorweg zu sagen: Die Auswahl der Werke ist überaus gelungen! Die beiden Sonaten von Telemann und CPE

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #148 – Duo – Duett – Double
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Duets / Schneiderman-Yamaya Duo

Duets / Schneiderman-Yamaya Duo

Duo oder Duett? Die Frage scheint auf den ersten Blick etwas überflüssig und nerdig, doch im Kern lässt sich das instrumentale Duo vom vokalen Duett unterscheiden (so wie noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts Heinrich Christoph Koch in seinem Musikalischen Lexikon von 1802 das Quatuor vom vokalen Quartett unterscheidet). In früheren Jahrzehnten war das nicht immer so – und konsequenterweise dann auch auf diesem Album, das unter dem Titel Duets Originale wie Bearbeitungen auf Barock-Laute und Mandoline präsentiert. Ein schönes Unternehmen – vor allem, wenn man an eine klangliche Untermalung

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #148 – Duo – Duett – Double
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Bartók, Enescu, Achron / Tassilo Probst

Bartók, Enescu, Achron / Tassilo Probst

Offenbar hat man sich nicht stressen lassen. Denn wie es gelegentlich passiert, wurde die maximale Spielzeit-Kapazität der CD bei der Aufnahme überschritten. Es soll schon Einspielungen gegeben haben, bei denen in der Postproduction ein wenig gezaubert wurde, indem die Musik unter Beibehaltung der Tonhöhe unmerklich «beschleunigt» wurde, bis es passte. Nicht so hier: Mit insgesamt etwas mehr als 85 Minuten wurde das Ziel zwar knapp verfehlt, aber nichts verändert (im Streaming sind diese Timelines ohnehin egal). Und dieses Doppelalbum ist eine echte Überraschung. Mit ihm setzt Tassilo Probst bei seinem

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #144 – Violinsonaten um 1900
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Christvesper Dresden (1624)

Christvesper Dresden (1624)

Eine schöne Idee, die Uhr musikalisch um genau 400 Jahre zurückzudrehen und bei einer Christvesper in Dresden zu Gast zu sein. Nur wer genau hinschaut – man verzeihe mir diese Beckmesserei – erkennt, dass dem Album zwar ein gelungenes klingendes Konzept zugrunde liegt, nicht aber eine historische Wahrscheinlichkeit. Auch wenn die Weihnachtsgeschichte von Rogier Michael (1553–1623) am sächsischen Hof eine lange Aufführungstradition hatte, so ist die Hinzunahme von Sätzen u. a. von Michael Altenburg, Christoph Demantius, Melchior Franck und Michael Praetorius auf diesem Album nur eine Option (auch wenn die

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #141 – Weihnachten
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Schütz / Roland Wilson

Schütz / Roland Wilson

Noch immer steht die Musik des 17. Jahrhunderts im Schatten des Hochbarock. Das betrifft vor allem die Gattungen: allen voran das instrumentale Concerto, das erst nach der Jahrhundertwende seinen Siegeszug antrat, aber auch im vokalen Bereich die Arie mit dem vorausgehenden Rezitativ, wie es aus der (italienischen) Oper entlehnt wurde. Vor diesen wahrlich radikal neuen Entwicklungen liegt eine Zeit, deren Klangsprache einerseits viel enger am zugrunde liegenden Text ausgerichtet war (auch mittels der musikalisch-rhetorischen Figuren), und andererseits zu unterscheiden war zwischen den komfortabel ausgestatteten Hofkapellen und den eher offenen Besetzungen

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #141 – Weihnachten
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