15. Juni 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch
Jakub Józef Orlinski

Jakub Józef Orlinski

Dass ein Sängerporträt ganz verschiedene Perspektiven umfassen kann, zeigt auch dieses Album mit dem Countertenor Jakub Józef Orlinski, das tief in das Repertoire des 17. Jahrhunderts eintaucht. Anders als bei vielen anderen Produktionen ähnlicher Art kommt im Booklet hier der kuratierende Musikwissenschaftler zu Wort. Er erläutert die Idee hinter der Einspielung und gibt Informationen und Hinweise zu den einzelnen Stücken. Mir ist das sehr sympathisch. Denn was wären die besten Sänger:innen und Musiker:innen ohne die Fachexpertise und was wären Wissenschaftler:innen und Philolog:innen ohne die klangliche Realisierung der Fundstücke? Yannis François

Teil 5 von 5 in Michael Kubes HörBar #157 – Stimmen
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Alexandre Baldo

Alexandre Baldo

Dunkle Töne. Bei diesem Album handelt es sich in gleich dreifacher Weise um ein Portrait: zum einen des jungen Alexandre Baldo und seines Bass-Baritons, zum anderen des wohl allenfalls nur noch dem Namen nach bekannten Antonio Caldara (1670–1736) und zum dritten des Bassisten Christoph Praun (1696–1771/72), der für annähernd ein halbes Jahrhundert Mitglied der kaiserlichen Hofkapelle in Wien war – und als einer der herausragenden Sänger seiner Zeit bei der Aufführung zahlloser Opern, Oratorien etc. mitwirkte. Praun übernahm dabei dokumentarisch belegt auch Partien in den Opern Caldaras, der seinerseits als

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #157 – Stimmen
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Laila Salome Fischer

Laila Salome Fischer

Affekt und Emotionen. Die Musik des Barock wird davon getragen – all die Opernarien, aber auch viele Sätze der Instrumentalmusik. Die vorherrschende Affekteinheit in den Sätzen machte es leicht, bestimmte Topoi auszuarbeiten, aber auch die eine oder andere Arie auszutauschen oder ganze Opern als Pasticcio anzulegen. Auch dieses Album setzt bei den Affekten an und widmet sich einzelnen Schreckensszenen in wechselnden emotionalen Konstellationen: von Verzweiflung, Trauer und Wut über Angst und Kampfeslust bis hin zu Liebe und Sehnsucht. Max Volbers spricht im Booklet nicht ohne Augenzwinkern von einem musikalischen «Gruselkabinett»

Teil 3 von 5 in Michael Kubes HörBar #157 – Stimmen
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Sophie Junker

Sophie Junker

Im Gegensatz zu vielen Komponist:innen ist über die meisten Sänger:innen früherer Jahrhunderte kaum etwas bekannt, selbst über jene nicht, die mit herausragenden Rollen auf der Opernbühne von sich reden machten. Dies gilt auch für «La Francesina» (die kleine Französin), die letzte von Händel in London hochgeschätzte Sopranistin. Über die Herkunft und Ausbildung von Élisabeth Duparc (so ihr bürgerlicher Name) ist kaum etwas bekannt, so dass davon auszugehen ist, dass bereits ihre Zeitgenossen kein Interesse an solchen biografphischen Details (den Metadaten des Lebens) hatten. Sie wurde zwischen 1710 und 1715 geboren

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #157 – Stimmen
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Michael Spyres

Michael Spyres

Alben, bei denen eine einzige Stimme im Vordergrund steht, gab es schon immer. Und sie waren und sind mir weiterhin suspekt. Man könnte fast von einer tönenden Bewerbungsmappe sprechen, die sich an Veranstalter, Agenturen und all jene Liebhaber:innen richtet, die sich auf einzelne Sänger:innen und deren stimmliche Entwicklung fokussieren. Was gesungen wird, ist dabei oft genug egal, solange überhaupt gesungen wird. Umso ansprechender ist dieses Album von Michael Spyres. Es lässt sich zwar auch so einordnen, aber es widmet sich eben auch einem bestimmten Stimmfach. Aufgenommen wurden nicht bloß Tenor-Arien

Teil 1 von 5 in Michael Kubes HörBar #157 – Stimmen
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Leipziger Streichtrio

Leipziger Streichtrio

Man muss schon genau hinsehen. Denn nicht das renommierte Leipziger Streichquartett hat dieses Album eingespielt, sondern das 2019 gegründete Leipziger Streichtrio. War es beim Quartett das Gewandhausorchester, so ist es beim Trio zumindest teilweise das MDR-Sinfonieorchester, das Ort und Namen motiviert. Und dem mit «Leipzig» verbundenen musikalischen Anspruch (ja, den gibt es auch noch im 21. Jahrhundert) werden die drei Herren auf ihrer Debüt-CD vollauf gerecht. Wer bei der Gattung »Streichtrio» noch unsicher ist, was diese strukturell und damit auch klanglich zu bieten hat, wird hier mit Sicherheit auch vom

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #155 – Streichtrios
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Bach / Lorenzo Ghielmi

Bach / Lorenzo Ghielmi

Äußerliche Brillanz ist nicht die Sache von Lorenzo Ghielmi. Am Cembalo und an der Orgel zu Hause, entwickelt er – ganz gegen den Trend der Zeit – ausgewogene und zugleich durchdachte Interpretationen, denen ein wenig von dem anhaftet, was man den Kompositionen Johann Sebastian Bachs nachsagt: Zeitlosigkeit. Spürbar wird das in seinem souveränen, ja abgeklärten Blick auf große und kleine Formen, in seiner präzisen und doch entspannten Darstellung großer Linien und kleinteiliger Rhythmen. So auch bei dieser Einspielung von Bachs sechs Partiten BWV 825–830 – einer enzyklopädischen Summa der Gattung,

Teil 4 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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Samuel Scheidt

Samuel Scheidt / Liebliches Krafft-Blümlein

Obwohl er neben Heinrich Schütz und Johann Hermann Schein zu den großen «Sch» des 17. Jahrhunders zählt, ist Musik von Samuel Scheidt (1587–1654) eher selten zu hören. Bei Organisten steht eine neuere Ausgabe seiner Tabulatura nova (1624) vielfach auf dem Notenpult, seine Vokalmusik bleibt aber eine Rarität. Und so handelt es sich bei dem aktuellen Album auch um die erste vollständige Einspielung einer 1635 im Druck erschienenen Sammlung mit dem erquickenden Titel Liebliche Krafft-Blümlein. Der historische Hintergrund der insgesamt zwölf nur vom Continuo begleiteten Duette ist freilich düster: Der Dreißigjährige

Teil 2 von 5 in Michael Kubes HörBar #153 – Blumen
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Bach / Alexander Grychtolik

Bach / Alexander Grychtolik

Bach am Karfreitag. In der Regel assoziiert man damit Aufführungen der Johannes- oder der Matthäuspassion. Man denkt auch an die alten, unter Chorsänger:innen immer noch etablierten Peters-Klavierauszüge (mit ihrer hervorragenden Notenstich),, weniger jedoch an die Fassungen und die Frage ihrer Konsistenz. Das betrifft die Johannes-Passion (aufmerksamen Zeitgenossen werden sich dessen immer bewusster), aber auch die weniger im Fokus stehenden Kompositionen: Da wäre zunächst die Lukas-Passion (BWV 246) mit ihren merkwürdigen Brüchen (zwischen musikalischer Simplizität und späteren Bach’schen Eingriffen), dann aber auch das «Passionsoratorium» BWV Anh. 169 auf einen Text von

Teil 4 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Rosetti / L’arpa festante

Rosetti / L’arpa festante

Protestantische Kirchenmusik aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat es schwer. Früher sprach man gar von einem «Niedergang» in jeder Zeit – vor allem gemessen an den Werken von Johann Sebastian Bach, die lange als einzige Referenz galten und tradiert wurden. Vergessen wurden in diesem Zusammenhang neben Bachs eigenen Zeitgenossen (so selbst Telemann!) auch die in Hamburg entstandenen Passionen von CPE Bach, der Tod Jesu in der Vertonung von Carl Heinrich Graun (Berlin, 1755) oder auch Werke von Antonio Rosetti (1750–1792). Nicht selten stößt man daher heute bei Einspielungen

Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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Aumann / Ars Antiqua Austria

Aumann / Ars Antiqua Austria

Was für diese Einspielung an handschriftlichen Quellen mühsam, mit allerlei Recherchen aber auch Finderglück aus mehreren Klosterbibliotheken zusammengetragen wurde, liest sich im Booklet wie eine spannende Geschichte – eine Geschichte zumal, die nur durch die beharrliche und akribische Arbeit des RISM und seiner zahlreichen dezentralen Mitarbeiter:innen möglich wurde. Denn was nützen heute die vielen kleinen und großen Klosterbibliotheken, wenn die musikalischen Bestände nicht vergleichbar erschlossen sind? Gerade hier besteht doch endlich die Chance, durch umfassende digitale Verzeichnisse und Incipits einen nachhaltigen und dauerhaften Zugang (wenigstens zu den Nachweisen) zu schaffen.

Teil 2 von 4 in Michael Kubes HörBar #152 – Passionen
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