Rune GlerupDieses Album ist wie gemacht für die „Stille Woche“. Nicht nur, dass das Cover graphisch in ein «in infinitum» verweist. Es ist auch das Streichquartett Nr. 2 des dänischen Komponisten Rune Glerup (*1981), das sich mit seinem Titel «Perhaps Thus the End» geradezu programmatisch in diese Tage einfügt. Der Geist Samuel Becketts (1906–1989) schwebt über diesem Werk – und doch ist es irgendwie ganz anders. Denn die Sätze verlaufen dem Titel nach im Ungefähren: Perhaps Thus the End – Now to Press on Regardless – From Deep Within – The Dark of Night or Day – The Then Fleeting Dark of Night – The Strokes and Cries as Before – The End, Again and Again (Vielleicht also das Ende – Nun weitermachen, ungeachtet allem – Aus tiefstem Inneren – Die Dunkelheit der Nacht oder des Tages – Die dann flüchtige Dunkelheit der Nacht – Die Schläge und Schreie wie zuvor – Das Ende, immer und immer wieder).
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Erstmals aufgeführt beim Musikprotokoll Festival in Graz (2017) hat das Werk seither nichts von seiner Substanz und Aktualität verloren. Das verwundert etwas, weil doch Rune Glerup sich als Klangforschender definiert, und das zuvor entstandene erste (unpublizierte) Quartett die Richtung vorgegeben haben soll. Es erweist sich freilich einmal mehr der markante Satz von Carl Maria von Weber aus dem Jahr 1818 als treffend, dass das Quartett das «Nackende der Tonkunst» sei. So auch hier in den sieben Sätzen, wobei dann eben doch Konsonanzen und Tritorus, bestimmte Konstellationen und ein Fugato (!) Rückbindungen offenlegen. Umso mehr, wenn man das etwas jüngere Klarinettenquartett (2015) hört – ein Werk in ebenso etablierter Besetzung, dass durch das natürliche Primat des Blasinstruments eine gänzlich andere Klang-Konstellation aufruft. Es bleibt eine bemerkenswerte, wiederholte Hörerfahrung – und die Frage, wohin noch es Rune Glerup mit seinen dokumentierten Expeditionen führt.
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Rune Glerup. Streichquartett Nr. 2 op. 19 «Perhaps Thus the End»; Klarinettenquintett op. 16 «Still Leaning Towards This Machine»
Jonas Frølund (Klarinette), Quatuor Diotima DaCapo 8.224763 (2019)
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.