24. November 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Mozart – Ensemble Resonanz

Mozart – Ensemble Resonanz
Mozart – Ensemble Resonanz
Eine sinfonische Woche steht bevor – und doch beginnt sie mit einer Folge von Arien. Grund dafür ist ein interessantes Konzeptalbum mit Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, das mit 4+3 Arien bzw. Szenen die Haffner-Sinfonie umrahmt. In dieser Weise habe ich das noch nie auf dem «Plattenteller» gehabt, denn entweder unterbrechen eher Ouvertüren und dergleichen mehr eine solche dramatische Zusammenstellung – oder wenige Vokalstücke stehen zwischen sinfonischen Kompositionen. Das Hamburger Ensemble Resonanz, das sich schon länger einen vorderen Platz erspielt hat, trumpft unter der Leitung von Riccardo Minasi jedenfalls mit einem satten Sound und flotter Virtuosität nahezu unwiderstehlich auf – wenn da nicht trotz oder gerade wegen der informierten Aufführungspraxis einige Minierismen ins Ohr fallen würden: im Kopfsatz die seltsam bauchige Dynamik zu Beginn, im langsamen Satz eine gewisse Zickigkeit des Staccatos, das fast martialisch auftretende Menuett, das bisweilen lärmende Forte im Finale.

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Das forsche Auftreten hier setzt freilich nur die hoch expressive und emotional-dramatische Interpretation der Arien durch Anna Prohaska fort. Mit ihrer lodernden Stimme durchglüht sie geradezu die Rezitative – und schenkt den Arien wundervolle Wärme wie in «Non più di fiori» aus La clemenza di Tito (mit diesem hinreißenden obligaten Klarinetten-Part) oder scheint sie von innen heraus zu sprengen wie bei «D’Oreste, d’Aice» aus Idomeneo. Was an diesem Album allerdings verwundert, ist nicht nur die ungeklärte Frage, ob es sich nun um einen Konzertmitschnitt oder eine Nachproduktion handelt (im Impressum des Booklets findet sich nur ein leicht zu übersehender Hinweis bei den Foto-Credits), sondern auch der Titel Haffner-Akademie. Denn die Sinfonie wurde von Mozart zwar am 23. März 1783 in Wien aufgeführt, dort allerdings (und dies schon rein chronologisch) ohne eine Vielzahl der hier kombinierten Arien. Auch der Verweis auf Mozarts präferierte Sopranistin Nancy Storace hilft hier nicht weiter. Eigentlich sind es also zwei Konzepte für ein Album, die kaum eine Schnittmenge ergeben.

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Haffner-Akademie
Wolfgang Amadeus Mozart. «Giunse alfin il momento» / «Deh vieni, non tardar», aus: Le nozze di Figaro KV 492; «Temerari, sortite» / «Come scoglio», aus: Così fan tutte KV 588; «Welcher Wechsel herrscht» / «Traurigkeit ward mir zum Lose», aus: Die Entführung aus dem Serail KV 384; «O smania! O furie!» / «D’Oreste, d’Aiace», aus: Idomeneo, Re di Creta KV 366; Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385 «Haffner»; «Ecco il punto, o Vitellia» / «Non più di fiori», aus: La clemenza di Tito KV 621; «Se il padre perdei», aus: Idomeneo, Re di Creta KV 366; «Ch’io mi scordi di te?» / «Non temer, amato bene» KV 505
Anna Prohaska (Sopran), Herbert Schuch (Klavier), Ensemble Resonanz, Riccardo Minasi

harmonia mundi HMM 902704 (2022)

Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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