David Schiff – Eugene SymphonyWenn ich an musikalische Reflexionen des Sports in der Musik denke, dann sind es doch eher Sportarten wie etwa Tennis oder Rudby. Selten oder gar nie wurden bisher einzelne Personen oder gar Sportler in Klangporträts verewigt. Das hat sich mit der Komposition Prefontaine von David Schiff (* 1945) geändert. Das Werk erinnert an den US-amerikanischen Leichtathleten Steve Roland Prefontaine (1951–1975), der ein großes Rennen auf dem vierten Platz verlor und zu früh bei einem Autounfall in Eugene (Oregon) verstarb. In Auftrag gegeben hat die Partitur die Eugene Symphony im Vorfeld der Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2022. Und sie ist mit den drei Sätzen Terrain, School Days und 5K dann auch recht plakativ geworden.
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Ein schönes Beispiel dafür sind die School Days als Marsch mit Locke und einem ordentlichen Trio. Dass der Satz rhythmisch und im Sound in die Popkultur umschwenkt – geschenkt. Und in 5K werden dann auch instrumental zwölf Runden gedreht. Ich frage mich nur, ob denn auch die Zwischenzeiten richtig mitgestoppt wurden. Einen eigenen kompositorischen Anspruch hat das alles kaum, so dass man eher von einem «lokal» inspirierten Werk ausgehen muss. Hingegen knistert und brummt es bei Andrea Reinkemeyers (*1976) Water Sings Fire – ein Werk, das feministisch inspiriert sein soll, aber vielleicht auch ganz generell im Ausdruck Macht, Verrat und Verwandlung thematisiert. Die Partitur stand im Finale des 2024 American Prize in Composition for Orchestra Music (Professional Division). Ich wünschte mir aber musikalisch innovativere Ideen. – Unter der Leitung von Francesco Lecce-Chong hat sich die Eugene Symphony mit den Werken hörbar im Detail auseinandergesetzt. Die Aufnahme klingt griffig und satt, die Streicher hingegen nicht immer kompakt.
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David Schiff. Prefontaine «A Symphonic Tribute» (2021); Andrea Reinkemeyer. Water Sings Fire (2018)
Eugene Symphony, Francesco Lecce-Chong Delos DE 3609 (2023)
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.