Krystian Zimerman – Karol SzymanowskiViele Instrumentalisten lassen sich mit ihrem Instrument ablichten – und diese Portraits gleichen damit ein wenig den Heiligen-Darstellungen aus dem Mittelalter, denen (zur besseren Identifikation) immer ein wiedererkennbares Attribut beigegeben wurde. In der Musikwelt ist es ähnlich: Klavier, Violoncello, Harfe oder Taktstock grenzen ein und spezifizieren zugleich. Und so widmet sich die HörBar in dieser Woche einmal fünf Pianisten „am Klavier“ mit jeweils charakteristischen Programmen.
Den Anfang macht Krystian Zimerman mit Musik von Karol Szymanowski (1882–1937), dessen Préludes, Mazurken etc. eher selten auf den Pulten aufliegen. Obwohl sie deutlich in der Nachfolge Chopins stehen, haben sie es mit ihrer ganz eigenen, sich zur Moderne hinneigenden Harmonik schwer, sich dauerhaft Gehör zu verschaffen: technisch deutlich schwieriger und gestalterisch weitaus anspruchsvoller, handelt es sich um bleibende Herausforderungen. Nicht so unter den Händen von Krystian Zimerman. Er bringt die mitunter in kühlen Farben getauchten Stücke mit ansprechender Wärme zum Leuchten. Dass zwischen der Aufnahme der Masques op. 34 und den übrigen Stücken 28 Jahre liegen, und damit fast ein halbes Pianisten-Leben, ist der Produktion akustisch wie interpretatorisch kaum anzumerken. Dennoch klingen die neueren Einspielungen noch selbstverständlicher und in sich ruhender.
Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.