1. Juni 2025 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

Ludwig van Beethoven

Ludwig van Beethoven
Ludwig van Beethoven
Warum noch eine Einspielung von Beethoven-Sinfonien? Diese Frage mag sich stellen, wer dieses Doppelalbum in den Händen hält, das zugleich den Auftakt zu einer Gesamtaufnahme darstellt. Bei Beethoven ist natürlich nie das letzte Wort gesprochen, obwohl vermutlich jeder seine Lieblingsinterpretationen im Regal oder auf der Playlist stehen hat. Zugleich haben sich neu formierte Orchester und junge Dirigent:innen gerade an diesen Werken zu messen, um sich zu beweisen und an diesen Partituren zu wachsen. Hier ist es das 2021 gegründete Orchestre Consuelo unter der Leitung von Victor Julien-Laferrière, das sich aus jungen, zugleich erfahrenen Musiker:innen zusammensetzt und mit einem Live-Mitschnitt vom Festival de La Chaise-Dieu mit drei der ersten Sinfonien begeistert.

Denn die bewährten Werke klingen hier frisch und wie neu. Dabei bürstet Julien-Laferrière nichts gegen den Strich, sondern hat offenbar Harmonik, Linien und innere Dramaturgie genau studiert. Am Ende stehen Interpretationen, die sich weder akademisch geben noch überzeichnen. Es scheint, als sei das Beste aus allem vereint: die Klarheit der Faktur und Agogik aus der historischen Aufführungspraxis, die Souveränität des Traditionellen. Insofern kommt das Orchestre Consuelo auch ganz ohne «alte» Blasinstrumente aus und kann dennoch einen schlanken und warmen Ton erzeugen. Bei dieser angenehm direkten Aufnahme wurde ich an vielen Stellen überrascht: Hatte ich die Stelle nicht anders im Ohr? Kann das auch so neu und überzeugend klingen? Bei so bekannten Werken ist das immer eine interessante Erfahrung. Was stört, ist allein der Schlussapplaus.

Ludwig van Beethoven. Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21; Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36; Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
Orchestre Consuelo, Victor Julien-Laferrière

b records LMB 066 (2023)

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Autor

  • Michael Kube

    Dr. Michael Kube, geb. 1968 in Kiel, studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte sowie Europäische Ethnologie/Volkskunde. Promotion mit einer Arbeit über Hindemiths frühe Streichquartette (1996), Habilitation mit Studien zu einer Kulturgeschichte des Klaviertrios (2016). Seit 1998 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Neuen Schubert-Ausgabe (Tübingen), seit 2002 zudem Mitglied der Editionleitung. Er ist seit 2007 Kuratoriumsmitglied (und seit 2013 Vorsitzender) der Stiftung Kulturfonds der VG Musikedition.

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Teil 3 von 4 in Michael Kubes HörBar #156 – Sinfonisches

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