Man kann nicht weghören bei dieser Musik. Der Suggestivkraft des ersten Track «Like an echo of ancient bells», der nur ganze 48 Sekunden dauert und mit präparierten Klavierklängen arbeitet, die sukzessive, selten mehrstimmig und abgesetzt einen Tonraum in ganz lockerer Weise füllen, kann man sich nicht entziehen. Mich erinnert das an sowjetische Musik zu Experimentalfilmen, eher in Richtung Alfred Schnittkes Musik zu „Die Kommissarin“ von Alexander Askoldow (1967).
Man kann auch sich Track 4 «Patchworks» wie ein Klangwunderland zu Ohren führen. Die Musik wird vom Ensemble mit so viel Bedacht geführt, dass eine Art Paradoxie aus Lockerheit und hoher Dichte entsteht. Es ist dann eben doch so, dass in der Konzentration auf Weniges, manchmal eine musikalische Geste auf flirrendem Flageolett-Krams, sich auf eine spezielle Weise aufspaltet und damit eine Tiefe der Tonwelten auffächert, bei der dann andere Parameter wie ein rhythmischer Gedanke (als Repetition) oder eine harmonische Idee aus verschobenen Oktavklängen, den jeweiligen kognitiven Haltegriff beim Mit- und Nachhören setzen. Das ist klug und hilfreich. Diese Art der Komposition stellt eine Hörsicherheit her, die das Eingraben und Eintauchen in die Hinterwelt unendlicher und neuer Schönheit ermöglicht. Betörend in dem kurzen «Ghostly glow» bei dem im Wiegklang des Klaviers die flüchtigen Linien der Streicher ablösen und durch Trommelschläge in der Zeit gehalten werden.
Der Verlust der Klänge, der schon einsetzt, wenn ein Ton oder Geräusch erklingt, wird inkludiert in dieser Art des Musizierens, bei dem Komposition (und Genauigkeit) auf das Unbezähm- und Nichtkontrollierbare treffen. So auch wenn die erste Komposition in mehrfach veränderter Instrumentation im letzten Stück «Remnants of an old pastorale» wiederkommt. «Exitinction Sounds» von Sigurd Hole bewahrt den komponierten Verlust der Tonwelten ganz einzigartig, wird zu einer Trauermusik ihrer selbst.
Sigurd Hole Ensemble – Extinction Sounds [2024]
- Sigurd Hole: double bass
- Jon Balke: piano
- Torben Snekkestad: , trumpet
- Bendik Foss: viola
- Sara Övinge: viola
- Tanja Orning: cello
- Anders Kregnes Hansen: marimba,
- Veslemoy Narvesen: drums,
Elvesang (Vö: 15.11.2024)