Was für ein Rumms. Wir sind im Jahr 2019. Die vier Musiker Frank Paul Schubert, Michel Pilz, Stefan Scheib und Klaus Kugel erzeugen an diesem 5. April einen Klangkosmos, der weniger durch seine filigrane Zurückhaltung sich auszeichnet, als vielmehr durch ein radikal freigelassenes Spiel mit Energien zu einem Musterstück improvisierten Jazz‘ geknetet wird.
Natürlich gibt es Passagen lyrischer Feinsinnigkeit auf den Toms geklöppelt oder in ein paar angeritzten Solopassagen der Bläser, oder im massiv stampfenden „Vorwärts“ des Bassisten. Immer wieder ist es ein Wunder, wie sich diese Vier im Metrum flexibel ausflankieren. Das rutscht wie von Geisterhand. Der erste Part von «Where is Charles?» brodelt und braust daher so irrwitzig, aber tatsächlich auch mal witzig, auf und steht über ganze 43 Minuten unter einem permanenten Klangdruck. Das macht ursächlich nervös.
Die beiden anderen Parts, mit knapp 10 und anderthalb Minuten Dauer, lassen da nicht nach. Eher knüllen die Musiker die musikalische Zeit – naja, sie falten sie eben nicht knustvoll (sic, so gemeint!) wie beim Origami – sondern versehen sie mit Struktureinheiten, sodass plötzlich Flächen der Musik sichtbar werden, auf der akustische Tänze platzierbar werden. Teil 3 singt (sic!) ab.
Ist schon heftig und ein Glück!
Schubert/Pilz/Scheib/Kugel – Live At FreeJazzSaar 2019 [2024]
- Frank Paul Schubert – alto & soprano saxophone
- Michel Pilz – bassclarinet
- Stefan Scheib – doublebass
- Klaus Kugel – drums
Nemu Records (VÖ: 1. Mai 2024)