Noch einmal die Lieder aus dem Schi-King op. 15, nun mit Tenor. Doch auch in diesem Fall verlangt Bernhard Sekles (1872–1934) von seinem Interpreten alles und noch viel mehr, unter anderem Textverständlichkeit und eine absolute Souveränität in hohen Lagen. Malte Müller kann mich in diesen Punkten allerdings nicht gänzlich überzeugen. Man muss sich auf die Stimme einhören, um dem Text folgen zu können, denn die Stimme wirkt kehlig und verstellt damit ein wenig die Vokale. Auch hätte ich mir gerade in der Gattung «Lied» eine etwas intimere Akustik gewünscht; die Laurentius-Kapelle in Walldorf war nicht die beste Wahl. Denn auch der Flügel klingt unter den Händen von Werner Heinrich Schmitt recht spitz und ohne Wärme.
Es folgen auf diesem Album als Anhang Auszüge aus den Liebesliedern op. 13 und dem Lieder-Kreis op. 8; bei einer Spielzeit von 66 Minuten und angesichts der Raritäten wünscht man sich dann doch mehr. Ob auf diese Weise etwas für das Repertoire gewonnen wurde, muss offen bleiben. In der Sache richtig ist jedenfalls der Hinweis auf «first recordings», und zwar bezogen auf das Datum der Veröffentlichung. Wirklich als erstes «eingespielt» wurden die von Friedrich Rückert aus dem Lateinischen (!) übersetzten chinesischen Gedichte – nach einem Blick in den Kalender – aber von Tehila Nini Goldstein (hänssler classics). Ein Sache von Hase und Igel…
Bernhard Sekles. 18 Lieder aus dem Schi-King op. 15; Liebeslieder nach slawischen und romanischen Dichtungen op. 13 (Auszüge); Lieder-Kreis op. 8 (Auszüge)
Malte Müller (Tenor), Werner Heinrich Schmitt (Klavier)
Toccata Classics Tocc 0651 (2022)