Alles im Fluss. Alles fließt. Reentko Dirks und Clemens Christian Poetzsch verstehen es, wie man Musik gestaltet, die nirgendwo aneckt. Das ist faszinierend wie bei der Sicherheit der Bewegungen einer über den Boden schleichenden Schlange – schlau und reizvoll wirkt das von außen.
Es ist ein Dauerminireizstrom auf sieben Tracks, den die beiden auf Gitarren und Tasten erzeugen können. Nicht anzuecken bedeutet natürlich nicht, dass man dünne Suppe produzieren müsste, die durch jedes kognitiv-emotionale Sieb hindurch passiert worden wäre. Das gerade eben nicht. Wenn man sich insbesondere dem ersten Track Riverine im Detail anschaut, wird man finden, dass dieser nicht ohne komplexe Überlagerungen im Hinblick auf Harmonik und Rhythmik ist, die man benötigt, um dieses Schwebegefühl herzustellen, das dann in höherer Simplizität verdichtet und zugleich verdünnt wird. Und die beiden Musiker spielen das eben einfach so raus.
Alles fließt dahin und die Hörer:innen werden umströmt durch eine bisweilen wendungsreiche Anlage der Harmonik, wobei die Kompositionen von Reentko Dirks (Tidewater, La Bicicletta Roja und Pendulum) fast ein bisschen zu agil wirken auf einem Album, das in knapp 23 Minuten überhaupt nicht zu lang daherkommt. Poetzsch dagegen vertraut mehr auf Redundanzen, die er supergeschickt einsetzt und sich damit auch als hörpsychologisch geschult erweist. Auch Reduktion muss man können. Wo Dirks einen musikalischen Haken mehr schlägt, verringert Poetzsch Dichte und kann so ein musikalisches Niemandsland betreten, auf dem man glaubt, schon alles gekannt zu haben. Aber eben dann doch nicht.
Clemens Christian Poetzsch, Reentko Dirks – Collateral Flow [2024]
- Clemens Christian Poetzsch – piano
- Reentko Dirks – guitar
Neue Meister (VÖ 26.4.2024)