«Wollen Sie mir ein Violinkonzert schreiben? Recht originell, kantilenenreich und für gute Geiger?» Mit diesen freundlichen Worten lockte der Verleger-Fuchs Fritz Simrock einst Antonín Dvořák zur Komposition eines überaus gelungenen, ferner auch noch mit böhmischen Farben durchsetzten Werkes. Mit der fertigen Partitur stieg Dvořák freilich im Repertoire in den Ring zu Bruch und Brahms, deren Konzerte schon länger erschienen waren. Wie auch bei diesen sollte vor dem Druck der damalige «Stargeiger» Joseph Joachim einen spieltechnischen Blick auf die Solostimme werfen – so wie auch heute noch bei neuen Kompositionen üblich. Joachim ließ allerdings keinen Stein auf dem anderen. Am Ende war Dvořák, der lange warten musste, leicht frustriert, Joachim seinerseits führte das Werk nie öffentlich auf.
Ein wenig leidet das Violinkonzert bis heute unter den Entstehungsumständen es begegnet viel zu selten im Konzert oder als Neueinspielung auf einem Album. Und wenn doch, hat es oft genug den Anschein, als würde es mit Zucker übergossen und mit gähnenden Ritardandi zerdehnt (so wie man es oft genug bei Bruchs op. 26 hört). Hier nun betreibt Mikhail Pochekin eine wirklich gelungene, vollkommen unprätentiöse und überaus musikalische Ehrenrettung. Man kann sich daran stören, dass er akustisch zu sehr vor dem Orchester steht; allerdings offenbart Pochekin dabei sein ausbalanciertes und alles andere als exaltiertes Spiel – ein Gewinn für das Konzert und seine Dramaturgie. Aber auch die Slowakische Philharmonie unter Daniel Raiskin überrascht mit präzisem Zugriff und jugendlicher Frische; die Zeiten des «all you can play»-Orchesters für Naxos scheinen überwunden. Mit der Romanze op. 11 und dem Mazurek op. 49 sind auch gleich zwei wunderbare Zugaben an Bord.
Antonín Dvořák. Complete Works for Violin and Orchestra
Konzert für Violine und Orchester a-Moll op. 53; Romanze f-Moll op. 11 für Violine und Orchester; Mazurek e-Moll op. 49 für Violine und Orchester
Mikhail Pochekin (Violine), Slovak Philharmonic Orchestra, Daniel Raiskin
hänssler classic HC 23057 (2022)