21. November 2024 nmz – HörBar – unabhängig / unbestechlich / phonokritisch

De Graaff: The Forest in April

De Graaff: The Forest in April
De Graaff: The Forest in April

Genau genommen handelt es sich um zwei Cellokonzerte, die der 1992 geborene Komponist Jan-Peter de Graaff auf einer CD vorlegt von denen eines so heißt wie der Titel des Tonträgers. Die Solistin Maya Fridman, der das titelgebende Werk gewidmet ist, präsentiert hier hochvirtuoses Cellospiel im Zusammenhang ihres orchestralen Gegenparts. Ein Doppelkonzert mit zwei Solisten:innen. Eigentlich nicht eine One-Vs.-Many-, sondern komponiert als OneToOne-Situation – fast umgedreht könnte man auch sagen, es handle sich um zwei Orchesterkonzerte mit Cellobegleitung. Allein, es stimmt nicht durchweg so ganz … auch wenn die ebenso virtuose Orchesterbehandlung in Sachen Klang und Struktur das nahelegen könnte.

Das erste Konzert auf der CD, «Rimpelingen», heißt nach dem niederländischen Wort für Wellen, hier Wellenkreise auf ruhigen Wasserflächen. Das funktioniert hier aber ganz zeit- und eher ziellos, beziehungsweise multizielig. Also auch in Umkehrung der Wellenbewegung hin zur Ursache. Das Ergebnis ist ein sehr luftig im Verbund flatterndes und bunt schillerndes Stück mit überaus klangschönen Vor-, Zwischen- und Nachspielen.

Ein eher konfrontatives Prinzip zeigt sich beim zweiten Stück der CD «The Forest in April», das sich in der Metapher des Gegensatzes von Mensch und Natur manifestiere. So hat es jedenfalls der Komponist geplant, wenn er sagt:

«In the composition, the relationship between soloist and orchestra is central as a metaphor for the relationship between man and nature. In ‹The Forest in April› you can hear how the cellist influences the orchestra and how the orchestra slowly mutates into a monstrosity that collapses under its own weight. The work ends with a ‹Requiem›, in which the orchestra blows itself up, as it were. Lonely the lamento of the cello floats over the destruction of the orchestra. A deeply emotional moment.»

Im zweiten Konzert nimmt die Solostimme des Cellos ein weitaus explizitere Position ein und kann so ein Stück im Stück (im zweiten Satz «Echo Chamber») kadenzieren. Insgesamt wirkt dieses Konzert sehr viel ‹konventioneller› im Aufbau und in der Art und Weise wie rhythmische Elemente nebeneinander geführt werden. Akzente sitzen in kompositorischem Kontakt zu, durch Harmonik geführten, homophonen Passagen.

Beide Konzerte beeindrucken im klanglichen Ergebnis, sind ausreichend expressiv ohne sich zu verlieren gebaut, kitschfrei bilderstark und kompositorisch wirklich gehört und mit aller Souveränität von Solistin und Orchester realisiert.


De Graaff: The Forest in April [2021]

Maya Fridman & North Netherlands Symphony Orchestra
Dir: Nicolò Foron (The Forest in April) and Sander Teepen (Rimpelingen)

TRPTK, TTK 0076 (VÖ: 26.11.2021)

Autor

  • Martin Hufner. Foto: Kurt Hufner

    Martin Hufner ist Musikjournalist, Musikwissenschaftler, Blogger. Er betreut nebenbei die Online-Redaktion der neuen musikzeitung.

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