Außerhalb Polens stellt Stanisław Moniuszkos im Libretto wie auch musikalisch leichter gefasster Dreiakter Hrabina (1860) eine Rarität dar. Das mag viele Gründe haben, vielleicht steht auch der sich betont national aufdrängende Charakter der Musik ihr international im Wege: Es gibt für derartige Partituren einfach an allen Orten zu viele Mitbewerber um eine Inszenierung. Erzählt wird zudem eine recht simple und nicht weiter dramatische Geschichte um Gefühle und gesellschaftliche Etikette. Hier kann der flotte Ulan Kazimierz nicht so recht den Erwartungen einer jung verwitweten Gräfin entsprechen – am Ende kommt er dann, dem Herzen folgend, mit der eher ländlich geprägten Bronia zusammen. Adel adé!
Moniuszko hat hier eine leichte, bestens unterhaltende Oper, eigentlich eine wundervolle Operette geschaffen, bei der bereits in der Ouvertüre eine Mazurka erklingt, später kommen dann Polonaisen hinzu; die zu Beginn des III. Aktes entwickelte sich unter den polnischen Zeitgenossen zu einem Hit. Größere Verbreitung ist auch dieser kurzweiligen Einspielung zu wünschen, mit einem in sich stimmigen, vielfach herausragenden polnischen Ensemble, zu dem sich in den gesprochenen Dialogen erstklassige Charakterstimmen gesellen. Verblüfft liest man den Namen von Orchester und Dirigent: Fabio Biondi und das (erweiterte) Ensemble Europa Galante – die hätte ich an dieser Stelle nicht erwartet. Aber mit den klanglich homogenen Instrumenten des 19. Jahrhunderts gewinnen Werk und Musik an Wärme und Atmosphäre.
Stanislaw Moniuszko. Hrabina (Oper in 3 Akten)
Karen Gardeazabal (Sopran), Natalia Rubiś (Sopran), Rafal Bartmiński (Tenor), Mariusz Godlewski (Bariton), Jan Martiník (Bass), Krystian Adam (Tenor), Nicola Proksch (Sopran), Podlasie Opera and Philharmonic Choir, Europa Galante, Fabio Biondi
NIFC CD 089-090 (2020)